Du möchtes ein Spinnrad kaufen, bist aber unsicher, welches das richtige für Dich ist? In diesem Blogartikel stelle ich Dir mein Schacht Flatiron vor, damit Du Dir ein Bild davon machen kannst. Es ist leicht, es läuft leise – und es kann Sachen, die andere Räder nicht können.


Leichtes Spinnrad in moderner Ausführung

Das Flatiron ist die neueste Kreation der Firma Schacht. Ich finde es schlank, modern und elegant (Schönheit liegt natürlich immer im Auge des Betrachters). Es ist von der Bauart her eine Ziege und braucht daher etwas mehr Standfläche als ein Bockrad. Das Antriebsrad ist groß und trotzdem sehr leicht, denn es ist aus Spritzguss hergestellt.

Das Schacht Flatiron Spinnrad steht auf einem hellen gestreiften Teppich vor einer Ziegelwand im Hintergrund.
Mein Schacht Flatiron von vorn. Die Wäscheklammer vorne links hält den Antriebsriemen für den einfädigen Betrieb an Ort und Stelle fest.
Das Schacht Flatiron Spinnrad, Ansicht von hinten. Es steht auf einem hellen gestreiften Teppich vor einer Ziegelsteinwand.
Mein Schacht Flatiron von hinten.

Bis auf das Antriebsrad und z. B. Knechtverbindungen ist alles aus leichtem Holz gefertigt, sodass auch das gesamte Rad sehr leicht ist. Man könnte es leicht transportieren – aber es ist nicht für einen Transport gemacht. Am besten hat es seinen festen Platz und steht dann dort.

Die Laufeigenschaften sind hervorragend, es tritt sich leise und leicht. Die beiden Tritte sind großzügig dimensioniert und gut positioniert. Den Totpunkt kann man beim Treten relativ leicht überwinden, denn das Rad hat zwei Knechte.

Nahaufnahme der Knechtverbindungen des Schacht Flatiron.
So sind die Knechte an den Tritten bzw. an der Achse befestigt. Diese Konstruktion führt dazu, dass quasi kein Totpunkt spürbar ist beim Treten.

Ich sitze sehr bequem und entspannt an diesem Rad und auch bei langen Spinn-Sessions habe ich keine Schulter- und Nackenprobleme. Es ist niedrig (Einzugsloch auf ca. 66 cm), aber nicht zu niedrig, und ich sitze etwas dichter davor als vor meinem Lendrum.

Einzugshaken und Aufbewahrung für einen nicht benötigten Wirtel sind beim Spinnen sehr leicht erreichbar.

Nahaufnahme des Einzugshaken an der Vorderseite des Schacht Flatiron
An der Vorderseite ist eine praktische Halterung für den Einzugshaken angebracht, an die ich beim Spinnen jederzeit bequem herankomme (Pfeil).

Das Schacht Flatiron in Kürze

Spinnrad-Typ: Ziege
Antriebsart: einfädig spulengebremst / einfädig flügelgebremst / zweifädig
Reisetauglichkeit: nein
Garnführung: 6 Haken pro Seite
Spulenkapazität: normale Spule ca. 100g
Übersetzungen:
Extra Slow (1:4,6 und 1:5,2),
Slow (1:6,8 und 1:8,5),
Medium (1:10,4 und 1: 12,4),
Fast (1:15, 1:17,4)

Für den WooLee Winder sind separate Spulen erforderlich.
Der Jumbo-/Bulky-Flyer benötigt eine separate Flügelhalterung (Front Maiden).

Umfangreiche Ausstattung

Der Flügel ist mit sechs Haken auf jeder Seite ausgestattet, und man kann sich diverse Wirtel mit jeweils zwei Übersetzungen dazukaufen, die man dann einfach aufsteckt. An Übersetzungen sind möglich: Medium (1:10,4 und 12,4 : 1), Fast (15:1 und 17,4 :1), Slow (6,8 : 1 und 8,5:1) und Extra Slow (4,6 : 1 und 5,2 : 1).

Es gibt Spulen aus Holz und aus Plastik. Ich habe mich für die Plastik-Spulen entschieden, denn viele Nutzer auf Ravelry haben davon berichtet, dass die Holzspulen nicht ganz so präzise gefertigt sind und oft klappern. Plus: die Plastikspulen sind deutlich günstiger. Allerdings benutze ich sie kaum, weil ich hauptsächlich mit dem WooLee Winder und den dazugehörigen Spulen arbeite. Mit dem WooLee Winder bin ich sehr glücklich und kann ihn nur empfehlen.

Flügel, Wirtel und Spule für Flatiron (einfädig oder zweifädig)
Flügel, Plastik-Spule und ein Wirtel für das Flatiron.

Es gibt außerdem einen Jumbo-/Bulky-Flügel (der normale Jumbo-Flügel von Schacht ist verwendbar), die dazugehörige Spule soll bis zu 500 g Garn fassen können. Um diesen zu installieren, muss allerdings der vordere Teil des Flügels (Front Maiden) ausgetauscht werden.

Wie bei den Schacht-Rädern wohl üblich, kann man Spulen und Wirtel (eventuell auch Flügel) untereinander austauschen – wer also schon ein Rad von Schacht hat, kann hier gegebenenfalls etwas sparen.

Eine Lazy Kate ist meines Wissens nicht im Lieferumfang enthalten.

Besonderheiten

Some Assembly required…

Dieses Rad kommt in Einzelteilen und muss erst noch zusammengebaut werden. Hört sich erst mal kompliziert an, ist es aber gar nicht so. Es gibt eine Papieranleitung, und es gibt youtube-Videos, und dann … hab ich mir sicherheitshalber doch erst mal ein kleines Gläschen Rotwein eingeschenkt und es mir mit der Bauanleitung gemütlich gemacht…

Letztlich war es aber halb so wild: Alles ist gut beschrieben, die Tüten sind gut beschriftet und nach 2 Abenden (1-1,5h pro Abend, inklusive Rotwein wie gesagt) war es vollständig aufgebaut. Wer schon Regale vom Möbelschweden erfolgreich montiert hat, wird keine Probleme haben. Wenn es doch mal Schwierigkeiten geben sollte, gibt es auf Ravelry ein Forum, wo man sich mit Fragen hinwenden kann. (Hinweis: Das Design der Website von Ravelry wird von manchen Menschen als schwierig empfunden, weil es u.U. Migräne auslösen kann.) Der Tech Support von Schacht ist da regelmäßig unterwegs und beantwortet Fragen. Wer Tech Support auf Deutsch braucht, kann sich auch an den Händler hier in Deutschland wenden.

Das Gute am Selber-Zusammenbauen ist: Du hattest Du alle Teile selber mal in der Hand und weißt, woran Du schrauben musst und kannst, wenn mal was klappert etc. Mir ist das immer sehr wichtig, zu verstehen, was ich da mache.

Drei Antriebsarten

Das Flatiron kann etwas, das sonst kein anderes Ziegen-Rad kann: es ist in allen drei Antriebsarten einsetzbar, also einfädig spulengebremst, einfädig flügelgebremst und zweifädig. Das gibt es sonst nur noch beim Schacht Matchless (ein Bock-Rad und harter Konkurrent für mein Lendrum damals).

Nahaufnahme des Flatiron Flügelkopfes in einfädigem spulengebremstem Betrieb.
Nahaufnahme des Flügelkopfes bei einfädigem, spulengebremstem Betrieb (Scottish Drive). Der rote Pfeil zeigt auf die Bremsschnur, die um die Rille in der Spule gelegt ist. Der grüne Pfeil zeigt auf den Antriebsriemen, der um den Wirtel gelegt ist. Für einen flügelgebremsten Antrieb würde die Bremsschnur durch die nächste Führung durchgefädelt und um den Wirtel gelegt, während der Antriebsriemen um die Spule gelegt würde. Antriebsriemen und Bremsfaden wechseln dann quasi nur die Plätze.
Rechts oberhalb des grünen Pfeils sieht man schön die „Aufbewahrung“ für nicht benutzte Wirtel – sie werden mit einer Schraube an den Flügelkopf angeschraubt.

Aber wie geht das jetzt, drei Antriebsarten auf einmal? Dafür haben sich die Leute bei Schacht lange Gedanken gemacht, und die Lösung liegt im Flügelkopf, in den Spulen und in der Bremsfadenführung. Die Spulen haben zwei Rillen, eine große an einer Seite und eine kleine an der anderen Seite.

Nahaufnahme Spulen Flatiron. Eine Seite trägt eine große Rille, die andere Seite eine kleine Rille.
WooLee Winder Spulen für das Flatiron. Zusätzlich zu der großen bzw. kleinen Rille brauchen diese Spulen die kleinen Zahnräder, die den Mechanismus zur automatischen Fadenführung antreiben.

Je nachdem, in welcher Orientierung die Spule eingesetzt wird, kann der Antrieb einfädig oder zweifädig erfolgen. Außerdem kann am Flügelkopf die Bremsschnur über eine Führung entweder um die Spule (Spulenbremse) oder den Wirtel (Flügelbremse) und der Antriebsriemen entweder über den Wirtel (Flügelantrieb) oder die Spule (Spulenantrieb) gelegt werden. Wirtel und Spule liegen hier räumlich sehr dicht beieinander (s. Bild oben).

Aufsicht Wirtel und Spule beim Flatiron, zweifädig betrieben.
Aufsicht auf Spule und Wirtel. Der Antriebsfaden (weiß) beim zweifädigen Betrieb geht einmal über den Wirtel und einmal über die kleine Spulenrille.
Aufsicht Spule und Wirtel beim Flatiron, einfädig spulengebremster Betrieb (Scottish Drive).
Aufsicht auf Spule und Wirtel. Antriebsriemen (schwarz) und Bremsschnur (weiß) im einfädigen spulengebremsten Betrieb (Scottish Drive). Die Spule liegt hier mit dem anderen Ende beim Wirtel (große Rille).

Es gibt auch andere Räder, die sowohl einfädig als auch zweifädig betrieben werden können. Meist ist das dann in der einfädigen Variante nur die Spulenbremse. Auch bei diesen Rädern sind die Spulen mit zwei Seiten ausgestattet, eine für den einfädigen Betrieb und eine für den zweifädigen.

Wenn Du Dich näher mit den Antriebsarten für Spinnräder beschäftigen willst, lies gerne meinen Artikel „Scottish, Irish, Double Drive“.

Der Flügelkopf ist variabel montierbar

Eine weitere Besonderheit: der Flügelkopf ist rechts oder links montierbar. Bei Bockrädern ist dieser Punkt nicht so relevant, weil der Flügelkopf genau in der Mitte ist. Bei Ziegenrädern ist das aber durchaus wichtig, weil der Flügel idealerweise auf der Seite meiner Drall-Hand sein sollte, wenn ich frontal vor dem Rad sitze. So arbeite ich am liebsten.

Meine rechte Hand ist meine Drall-Hand. Wenn der Flügelkopf aber links montiert ist, muss ich improvisieren, um meine Drallhand nahe an das Einzugsloch zu bringen. Entweder verdrehe ich meinen Oberkörper, sodass meine rechte Hand nach links zum Einzugsloch greifen kann, oder ich stelle das Rad rechts von mir hin, kann dann aber nur mit dem rechten Fuß treten. Beides ist nicht so richtig bequem für längere Spinn-Sessions, und so scheidet manches Ziegenrad beim Spinnradkauf von vornherein aus, weil der Flügelkopf auf der für mich falschen Seite sitzt (z. B. Ashford Traditional und Kromski Symphony. Der Flügel ist bei diesen halbfertig montierten Rädern meist links angebracht.)

Sollte man die Position des Spinnkopfes nach dem Zusammenbau doch noch einmal ändern wollen, so soll das beim Flatiron durchaus möglich sein. Man müsste es einfach nur auseinander- und andersherum wieder zusammenbauen. Allerdings stehen ein paar Holzteile im Rad unter Spannung und werden gebogen. Ich weiß nicht, inwieweit die Spannung und Biegung sich so ganz ohne Probleme umkehren lassen, insbesondere, wenn das Rad eine Weile aufgebaut stand. Ich würde daher beobachten, wie ich den langen Auszug mache (das geht auch schon mit Handspindeln, falls man noch kein Rad hat), und mich dann erst für die entsprechende Montageposition entscheiden.

Vorteile und Nachteile

Die Vorteile dieses Rades sind in meinen Augen:

  • Es ist leicht.
  • Der Spinnkopf ist rechts oder links montierbar.
  • Ein Wechsel zwischen verschiedenen Antrieben ist leicht möglich (z. B. zum Spinnen und Zwirnen).
  • Die Spannung des Antriebsfadens für den zweifädigen Betrieb ist sehr fein einstellbar.

Nachteile sind für mich:

  • Es gibt immer nur zwei Übersetzungen pro Wirtel (mein Lendrum hat drei).
  • Wenn ich die Wirtelscheibe wechseln will, muss ich den gesamten Flügel samt Spule herausnehmen. Manchmal beschmiere ich mir dabei den Faden mit Öl und Abrieb aus dem Einzugsloch bzw. der Flügelführung.

Macken?

Ich konnte noch keine Macken bei diesem Rad feststellen. Einmal klackerte was an einer Knechtverbindung zum Tritt, da musste ich eine Schraube fester ziehen, aber jetzt ist alles wieder flüsterleise.
Manche Wirtelscheiben sind schwergängig beim Abnehmen, das ist manchmal eine rutschige Angelegenheit, wenn sie gut geölt waren.

Wartung

Für dieses Rad benutze ich mehr Öl als für das Lendrum, nämlich auf der Welle für die Spulen und im Einzugsloch (bzw. der Flügelführung). Mehr öle ich beim Lendrum auch nicht, aber irgendwie braucht das Flatiron mehr.

Die Holzteile sind dankbar für eine Holzpflegebehandlung mit einer Politur oder einem Wachs Deiner Wahl. Ich gönne das meinem Rad ca. 1x im Jahr.

Wo kann ich es kaufen?

Gekauft habe ich es vor mehreren Jahren bei KnitArt (die Website ist zur Zeit leider nicht erreichbar), und ich erinnere mich gern an die sehr ausführliche und wirklich nette Beratung. Bedauerlicherweise war das Studio für mich zu weit weg, sonst wäre ich zum Ausprobieren hingefahren (das würde ich auch jedem empfehlen).

Ansonsten habe ich es noch bei Wollinchen und bei Wiesensalat im Shop gefunden. Wenn sie gerade nicht vorrätig sind, fragt dort einfach nach.

Fazit

Ein sehr schönes Diva-Rad mit vielen Einstellungsmöglichkeiten. Damit meine ich nicht, dass es zickig ist – im Gegenteil, es arbeitet völlig problemlos. Es ist eher so professionell wie eine Opernsängerin, die ihre Kunst vollendet beherrscht.

Wer schon Schacht-Räder hat: viele Teile sind austauschbar mit anderen Rädern, z.B. die Spulen und evtl. Wirtel, die muss man dann nicht extra kaufen.

Bei meiner Kaufentscheidung für das Rad waren diese Dinge ausschlaggebend:

  • Das Rad kann alle 3 Antriebsarten.
  • Es gibt viel Zubehör.
  • Es ist leicht.
  • Es sieht schön aus.

Immer, wenn ich mich nach längerer Zeit wieder an mein Flatiron setze, möchte ich gar nicht mehr aufstehen. An diesem Rad ist das Spinnen ist mühelos und in einer entspannten Haltung möglich – einfach ein Genuss.

Ist dieses Spinnrad für Anfänger geeignet? Meine Antwort: Prinzipiell ja. Für abenteuerlich veranlagte Menschen ohne Angst vor Technik ist das Zusammenbauen und Einstellen kein Problem. Auch spinntechnisch ist das Rad anfängertauglich, zumal Du es ganz nach Deinen Wünschen und Vorlieben einstellen kannst. Es wächst quasi mit Dir und Deinen Fertigkeiten mit, und Du kannst eigentlich nichts kaputt machen.

Wenn das Schrauben und Einstellen erst mal noch nichts für Dich ist, dann kann es ja Dein zweites Rad werden (so wie es bei mir der Fall war). Dann machst Du Dich bei einem „Auspacken und loslegen“-Rad erst mal mit den Prinzipien vertraut und kannst dann voller Zuversicht den Schraubendreher schwingen.


Dieser Artikel ist der zweite von dreien. Im ersten Artikel stelle ich Dir mein Lendrum DT Spinnrad vor:

In diesem Artikel gehe ich auf generelle Überlegungen beim Spinnradkauf ein: