Wer ein Spinnrad kaufen möchte, hat viele Fragen. Welches Spinnrad ist für Anfänger geeignet? Welche gibt es überhaupt? Welches Spinnrad passt zu mir? In diesem Artikel zeige ich Dir, worauf Du bei der Auswahl achten kannst. Ich gebe ein paar Beispiele und links zu den Herstellern und Händlern der gängigsten Räder.
Die wichtigsten Fragen, die Du Dir beim Spinnrad-Kauf stellen kannst, lassen sich entweder persönlichen Vorlieben und Gegebenheiten oder technischen Fragestellungen zuordnen.
Persönliche Aspekte
Das Eine Spinnrad gibt es nicht, und es gibt auch keine guten oder schlechten Räder. Es gibt aber Spinnräder, die zu Dir passen – oder eben nicht. Welches Spinnrad das ist, hängt mit persönlichen Umständen und Vorlieben zusammen. Wenn Du Dir vorher ein paar Gedanken dazu machst, ist die Gefahr eines Fehlkaufes deutlich geringer.
Wie viel darf es kosten?
Ein wichtiger Punkt beim Spinnradkauf ist das eigene Budget – wie viel möchtest oder kannst Du ausgeben? Bist Du schon ganz sicher, dass Du dabeibleiben willst? Oder kann es sein, dass das Rad nach drei Monaten dann doch in der Ecke steht? Ist es ok für Dich, etwas zu kaufen, auszuprobieren und gegebenenfalls wieder zu verkaufen oder willst Du gleich was fürs Leben? Kannst Du eventuell darauf sparen?
Sehr günstige Räder sind zum Beispiel in einem bekannten Online-Auktionshaus immer wieder zu haben. Allerdings handelt es sich meist um historische Modelle und Dachbodenfunde, die nicht immer voll funktionsfähig sind, und den günstigen Anschaffungspreis erkauft man sich eventuell mit höheren Reparaturkosten und nicht erhältlichen Ersatzteilen. In solchen Fällen empfiehlt es sich, das Rad auf jeden Fall vor dem Kauf auszuprobieren.
Wenn Du ein neues, modernes Spinnrad kaufen möchtest, ist die Preisspanne relativ breit gefasst. Ein sehr günstiges Rad, das gern genommen wird, ist z. B. das Bliss von Woolmakers. In der Grundausstattung ist es derzeit (Stand 2024) für unter 400 Euro zu haben. Auch das Kromski Fantasia oder das Louet S-17 bewegen sich in dieser Preisklasse und werden manchmal als Einsteigerräder beschrieben. Am anderen Ende der Skala findet man beispielsweise das Schacht Matchless mit über 1800 Euro.
Wie viel Platz hast Du zur Verfügung?
Der bei Dir verfügbare Platz spielt ebenfalls eine große Rolle dabei, welche Räder für Dich funktionieren und welche nicht. Ziegenräder nehmen in der Regel mehr Standfläche ein als Bockräder, und auch innerhalb dieser Kategorien gibt es Unterschiede. Ein Ashford Elizabeth 30 wird bei mir nie Platz haben, aber das Schacht Flatiron geht schon, es ist leicht genug, um es immer mal umstellen zu können.
Stammplatz oder Reiserad?
Muss Dein Rad mit Dir auf Reisen gehen oder hat es seinen Stammplatz, von dem es nicht bewegt wird?
Für mich war anfangs wichtig, mein Rad im Auto mitnehmen zu können, wenn ich es möchte. Und falls ich es mal nicht brauche, wollte ich es im Keller verstauen können (diese Situation ist mir in den letzten 6 Jahren allerdings noch nicht untergekommen…). Klappbar sollte es sein, nicht zu schwer, und mit Rucksack.
Reisetaugliche Räder sind z. B. das Lendrum DT, das Schacht Sidekick und das Majacraft Little Gem. Es gibt auch noch weitere Räder, die transportfähig sind, auch wenn sie kein ausgewiesenes Reiserad sind. Ich habe auch schon gesehen, dass ein Bliss sehr gut auf die kleine Sackkarre passt, die man beim Möbelschweden bekommt. Ob das für Dich funktioniert, testest Du am besten selbst aus.
Klassisch oder modern?
Dein Rad sollte Dir natürlich gefallen – und hier kommen Aussehen und Design ins Spiel. Soll es ein klassischer, traditioneller Stil sein, oder doch lieber modern? Individualisierbar mit Tassenhalter oder reduziert auf das Wesentliche? Es gibt sogar Metallräder, die aus alten Fahrradfelgen hergestellt werden, wenn das etwas für Dich ist.
Moderne Räder mit traditionellem Design sind z. B. die von Kromski, aber auch bei anderen regionalen Drechslern sind Räder mit Dornröschen-Charakter verbreitet.
Spinnräder in modernem Design, teilweise oder ganz aus Metall, gibt es zum Beispiel bei Jürgen Schönwolff oder Stahl und Wolle. Jürgen Schönwolff ist Ingenieur, seine Räder sind eher schlicht, sehr durchdacht und präzise gefertigt (Ingenieursräder eben).
Technische Fragen
Neben den persönlichen Fragen kannst Du Dir auch technische Fragen stellen zu den Anforderungen, die Du an Dein Wunschrad hast.
Welche Bauweise: Bock oder Ziege?
Die Frage „Bock oder Ziege“ hängt mit dem verfügbaren Platz zusammen, aber auch mit der Art, wie Du spinnst. Ein Ziege-Rad hat den Spinnkopf entweder rechts oder links, und es ist gut, wenn das zu Deiner Händigkeit passt (d. h. der Spinnkopf / Flügel ist auf der Seite der Drallhand). In meinem Artikel zum Schacht Flatiron kannst Du das nochmal nachlesen, warum das wichtig sein kann. Wenn Du sicher gehen willst, dass es für Dich funktioniert, probiere es aus.
Manchen Menschen gefallen Bockräder einfach nicht, andere kommen mit der Ziegen-Bauart nicht klar.
Welche Antriebsart?
Die Antriebsart ist aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Punkt für ein Spinnrad. Sie sollte zu den Garnen passen, die Du damit spinnen möchtest. Man unterscheidet prinzipiell einfädig spulengebremst, einfädig flügelgebremst und zweifädig. Mit welchen Garnen arbeitest Du am liebsten? Verwebst Du am liebsten ganz dicke Teppichgarne? Dann ist vielleicht ein zweifädiges Rad wie das Ashford Elizabeth nicht das Richtige für Dich, auch wenn Du es noch so hübsch findest. In diesem Fall ist vielleicht das Ashford Country das bessere Rad.
Zum Antrieb gehört auch die Anzahl der Tritte. Ein Doppeltritt ist aus meiner Sicht ergonomischer, weil beide Füße bzw. Beine gleichmäßig belastet werden. Bei gesundheitlichen Problemen könnte man ein Doppeltritt-Rad auch mit nur einem Fuß betreiben – ein Einzeltrittrad bleibt aber ein Einzeltrittrad (auch wenn Du beide Füße daraufstellst). Ein Doppeltritt-Rad steht direkt vor Dir und Du spinnst quasi auf einer gedachten Achse nach vorne und hinten. Ein Rad mit nur einem Tritt kannst Du auch seitlich von Dir hinstellen und eher quer vor dem Körper spinnen (also auf einer gedachten Achse von rechts nach links). Schau, womit Du besser klarkommst.
Für Doppeltritträder kannst Du mal schauen, ob nur einer oder beide Knechte mit dem ANtriebsrad verbunden sind. Gut ist, wenn zwei Knechte das Antriebsrad drehen, dann gibt es nämlich keinen Totpunkt beim Treten. Bei meinem Flatiron ist das der Fall. Viele Doppeltritträder haben nur einen Knecht, der das Antriebsrad in Schwung bringt (so wie bei meinem Lendrum), da hat man trotz der zwei Tritte manchmal einen Totpunkt beim Treten.
Neben diesen klassischen Antriebsarten finden sich auch Räder mit mehreren Antriebsriemen über verschieden große Wirtel (zum Beispiel bei von Schwarzenstein oder das Little Gem von Majacraft). Wie die genau funktionieren, kann ich gar nicht sagen, damit habe ich mich noch gar nicht beschäftigt. Ich vermute aber, es wird nicht weit vom einfädigen Betrieb sein und die einzelnen Übersetzungen ergänzen einander (wie bei einem Flaschenzug).
Eine Antriebsart hab ich euch noch verschwiegen: die elektrische. Dafür muss man natürlich gar nicht treten. Allerdings sind E-Spinner eine Klasse für sich. Ich habe mal probehalber an einem gesessen und musste mich sehr umstellen. Um das Rad zu stoppen, konnte ich nicht einfach aufhören zu treten, sondern ich musste einen Knopf finden und drücken. Anfangs gab es bei mir daher ein paar panische Momente mit viiiel Drall im Faden …
Es gibt wohl auch Modelle mit Fußpedal (wie bei einer Nähmaschine), aber das stell ich mir auf die Dauer auch mühsam vor, so wie stundenlang den Fuß auf dem Gas haben auf der Autobahn. In jedem Falle macht es hier Sinn, vor dem Kauf auszuprobieren.
Montage, Wartung Zubehör?
Manche Räder kommen fertig montiert – Du kannst es auspacken, aufstellen und losspinnen. Andere kommen als Bausatz (z. B. das Schacht Flatiron). Du kannst Dich also fragen: muss es fertig montiert sein oder traust Du Dir zu, es selber zusammenzubauen?
Wer ein regionales Rad kauft, kann es i. d. R. direkt beim Hersteller abholen und bekommt oft eine Einweisung. Das hat natürlich viel mehr Charme als einfach nur einen Karton auszupacken und sich ein youtube-Video anzusehen.
Manche Räder sind wartungsintensiver als andere. Wo das eine kaum Öl braucht, weil alles kugelgelagert oder verkapselt ist (wie mein Lendrum), sind andere Räder wahre Schluckspechte. Rezensionen, Foren und Austausch mit Spinner:innen, die das Rad Deiner Träume benutzen, helfen Dir hier bei der Entscheidungsfindung.
Wenn Du schon ein Rad hast, macht es manchmal auch Sinn, innerhalb einer Spinnradfamilie (bzw. -firma) zu bleiben. Die Spulen oder das Zubehör sind oft untereinander austauschbar und Du kannst somit Geld sparen.
Meine Tipps für den Spinnradkauf
Tipp 1: Testen, Testen, Testen. Testen.
Wenn Du irgendwie die Möglichkeit hast, besuche Spinngruppen, schau Dir Räder an, frag Spinner:innen, ob Du mal kurz treten darfst. Nur so bekommst Du einen Eindruck von den verschiedenen Rädern. Nirgends sonst hast Du so viele verschiedene Räder beisammen und kannst so viele Menschen zu ihrer Meinung befragen.
Ob eine Spinngruppe in Deiner Nähe ist, kannst Du z. B. bei der Handspinngilde herausfinden, hier kannst Du auch die Regionalen Ansprechpartnerinnen fragen.
Manche Händler (z. B. Das Wollschaf) bieten auch einen tollen Service an: man kann dort Geräte für eine Leihgebühr leihen und dann wieder zurückschicken. Wenn man es behalten möchte, wird die Leihgebühr mit dem Kaufpreis verrechnet.
Frau Schreier von KnitArt hat ebenfalls viele Räder im Angebot und bietet meines Wissens auch an, dass man sie in ihrem Atelier in Hamm besuchen und diverse Räder probetreten kann. Aber auch ihre telefonische Beratung ist toll, bei ihr habe ich mein Flatiron gekauft.
Tipp 2: Das Bliss – Bestes Preis-Leistungs-Verhältnis
Zugegeben: Ich habe noch nie damit gesponnen, bislang aber nur Gutes über das Bliss von Woolmakers gehört. Von den technischen Daten her bietet dieses Rad aus meiner Sicht das beste Preis-Leistungs-Verhältnis (wie gesagt, mit dem Vorbehalt, dass ich selber noch nicht damit gesponnen habe).
Die liebe Chantimanou hat mehrere Videos zu diesem Rad gedreht, schaut bei ihr vorbei (hier entlang zum Review).
Tipp 3: Das Lendrum DT – Bester Funktionsumfang
Ich bin natürlich nicht unparteiisch: Dieses Rad ist mein absolutes Lieblingsrad mit unglaublich viel Zubehör im Paket, daher ist es mein Tipp Nr. 3. Wer dieses Rad hat, braucht eigentlich kein anderes mehr. Nur fürs Flugzeug ist es nicht geeignet.
Du willst mehr zu diesem Rad wissen? Schau mal, ich habe hier einen Artikel zum Lendrum DT geschrieben.
Tipp 4: Beliebtes Spinnrad aus Deutschland
Wer sein Rad lieber regional kaufen möchte, dem kann ich die Räder von Henkys empfehlen. Zwar habe ich auch an diesem Rad noch nie selbst gesessen, aber immerhin schon daneben, denn viele Damen meiner Spinngruppe haben eines und möchten es nicht missen. Die Wartezeiten sind deutlich kürzer als bei anderen deutschen Herstellern, und sie sind auch nicht so teuer. Plus: Wer einen Termin macht, kann sich das Rad vom Hersteller abholen und sich einweisen lassen.
Gängige Spinnrad-Hersteller (und Händler)
Es gibt natürlich noch viel mehr Spinnräder und viel mehr Dinge, auf die man beim Kauf achten kann. Sie alle hier aufzuzählen, würde etwas zu weit führen. Daher verlinke ich Dir hier zu guter letzt alle Firmen und Hersteller, die mir einfallen und die ich online finden konnte. Wenn Du noch welche kennst, die hier nicht gelistet sind, schreib mir gerne einen Kommentar oder eine email.
Bei Nettis Nadelkunst findet ihr übrigens auch noch eine gute Übersicht zu Spinnrädern, auf die ich hier gar nicht eingegangen bin.
Hersteller in Deutschland
- Jürgen Schönwolff
- Rhode Island
- Tom Walther
- Henkys
- Tischlerei Mewes
- Vorwerk Spinnrad
- Drechslerei Fritz
- von Schwarzenstein (hat die Produktion von Spinnrädern eingestellt)
Hersteller in Europa
- Louet (z. B. bei Wollknoll)
- Kromski (z.B. bei Flinkhand Shop, Wollinchen)
- Woolmakers
Mit diesem Artikel hast du mir eine Freude gemacht: ich konnte damit meinen Neuzugang identifizieren, er stammt wahrscheinlich von der Drechslerei Fritz. Vielleicht stelle ich auch mal meine Räder vor (auch wenn niemand mein Blog liest).
Das freut mich sehr!
hey, Du hast den Hersteller Deines (und meines) Lieblings-Rad’s aus Kanada vergessen .)
lg Heike
Ha, ja, ich hatte ihn nicht mit reingenommen, weil die Offizielle Website von Lendrum eine Katastrophe ist (nicht mal https). Ich habe jetzt einen link zu einer Händlerliste eingefügt (ebenfalls nicht sicher…), dann kann jede/r selbst entscheiden, dem link zu folgen oder nicht. Danke für den Hinweis!