Ein Blog über Handspinnen, Wolle und Schafe

Darf ich vorstellen: Rieke, mein Patenschaf.

Das ist Rieke, mein Patenschaf. Sie ist 2020 geboren und wohnt in der Schäferei Schöne Schafe in Biesenthal bei Berlin. Dort ist sie emsig mit Naturschutz und Landschaftspflege beschäftigt und ist mittlerweile mehrfache Mutter.

Ein weißes Schaf mit braun und weiß geflecktem Gesiccht und zur Seite abstehenden Ohren schaut neugierig in die Kamera. Sein Vlies ist lockig.

Ein Patenschaf aussuchen ist gar nicht so leicht…

Dieses Bild ist 2020 entstanden, als ich mir ein Schaf aussuchen wollte (es gab so viele! Und sie waren ALLE so flauschig!!). Rieke ist eine Kreuzung aus Gotländischem Pelzschaf und Rhönschaf. Die Vliesfarbe hat sie vom Papa (dessen Vlies ich auch schon mal versponnen habe), die Löckchen und die Zeichnung im Gesicht hat sie von der Mama.

Wie ich so in der Herde stand, konnte ich mich damals nicht für ein Schaf entscheiden (siehe oben, maximaler Flauschfaktor). Den Ausschlag machte dann glaube ich ihr neugieriges aber vorsichtiges Erkunden meines Schnürsenkels (ist der wohl essbar?) und wie sie mit ihrer besten Freundin (einem knuffigen Coburger-Fuchs-Flaschenlamm) umherlief.

Ihre erste Wolle habe ich 2021 nach der Schur mitgenommen – aber leider war ein großer Teil davon verfilzt. Tolle Locken, ganz seidig (das muss von der Mama kommen), aber für mich nicht spinnbar.

Ich habe es nicht fertiggebracht, das Vlies für den Garten zu nehmen, und so lag es in einer Papiertüte, bis ich es neulich nochmal vorholte und genau anschaute. Und siehe da: ein paar Stückchen konnte man doch verwenden. Die hab ich gewaschen und machte mich daran, mit dem Spinnen zu experimentieren. Gar nicht so einfach, und ich will ja auch nichts für Proben “verschwenden”, ich habe ja nur so wenig…

Auf einem steinernen Terrassenfußboden liegen in einem Weidenkorb einzelne lange weiße Locken von Schafwolle rechts am Bildrand, links daneben liegen aufgezupfte Locken (mit einer Kastanie beschwert) sowie kleine Strickproben unterschiedlich dicker handgesponnener Garne.
Die verarbeitbaren Locken habe ich in einem Körbchen gesammelt und einzeln aufgezupft, um die aus der Falte spinnen zu können.

Die Fasern sind lang, leicht gewellt, seidig aber robust. Mit 20 cm Faserlänge könnte ich die Locken zwar kämmen, allerdings wollte ich ein fluffiges, leichtes Garn, und so habe ich (inspiriert vom “Aus-der-Flocke”-Experiment) einfach eine Locke geflickt und dann aus der Falte gesponnen. Ich habe es einmal dünn und einmal dick probiert (mit meiner großen Bodenspindel). Die Idee dahinter: dünneres Garn gibt mehr Lauflänge, sodass es vielleicht für eine Weste reichen könnte, dickeres Garn entspricht mehr der Faser selbst. 

Das Ergebnis: Beides ist schön! Die Garne sind keine Kuschelgarne sondern haben gut Biss, aber sie sind leicht und fluffig und haben auch Halo. Ich vermute, dass sie deshalb auch ein wenig pillen werden, weil ich mit wenig Drall gearbeitet habe (sonst wird es zu hart).

Nahaufnahme der weißen Schafwoll-Locken rechts im Bild und daraus gefertigter Strickproben aus dickem und dünnem handgesponnenen Garn links im Bild. Es ist so flauschig, man möchte am liebsten die Hände ins Bild legen.
Diese Locken! Die Strickproben links im Bild gefallen mir beide gut. Oben das dickere, unten das dünnere Garn.

Nachdem ich die kleinen Strickpröbchen noch eine ganze Weile mit mir herumgetragen und bei verschiedenen Gelegenheiten bekuschelt habe, entschied ich mich dafür, sie doch eher dünner zu verstricken, denn ich trage Kleidung aus so ganz dicken Garnen nicht so gerne. Plus: durch die höhere Lauflänge kommt hoffentlich mehr als eine Weste raus…

Insgesamt habe ich nun 321,4 g und 324,8 m Rieke-Garn. Da werde ich wohl kombinieren müssen, wenn es für einen Pulli reichen soll…

Nahaufnahme eines Stranges handgesponnener weißer Wolle von meinem Patenschaf Rieke. Das Garn ist nicht zu fest gezwirnt und hat einen leichten Glanz.
Und das ist nun das fertige Garn aus Riekes Wolle. Man erkennt den leichten Halo, den Glanz kann man nur erahnen. Jetzt ist die Frage: Färbe ich das noch? Oben zum Vergleich ist Thüringer Merinolandschaf in braun.

Was sind eigentlich Patenschafe?

Manche Schäfereien bieten PatenSCHAFten an, d. h. man zahlt z. B. jährlich einen gewissen Betrag und bekommt dafür im Gegenzug ein Dankeschön. Wie genau das aussieht, ist von Schäferei zu Schäferei unterschiedlich.

In Riekes Fall deckt der Patenschaftsbetrag ungefähr die Kosten der Schafhaltung für sie (inkl. Veterinär, Schur und Futter). Dafür kann ich (nach Anmeldung) bei der Schäferin vorbeikommen und sie besuchen, wenn ich möchte, und ich kann ihr Vlies nach der Schur haben. Ich habe auch eine Patenschafts-Urkunde bekommen, auf der ihre Ohrmarkennummer und ein Bild von ihr drauf sind.

In anderen Schäfereien zahlt man einen kleineren Betrag, und es gibt vielleicht einen Tag der Offenen Tür, zu dem man „sein“ Schaf besuchen kann. Manchmal kann man Namen vergeben, manchmal nicht, die genauen Bedingungen sind immer genau auf die jeweilige Schäferei zugeschnitten.

Gibt es bei Dir in der Nähe auch Patenschafe, hast Du vielleicht sogar eins? Schreibs mir gerne in die Kommentare!

2 Kommentare

  1. Cinzia

    „Dick“ oder „dünn“ ist sicherlich Auslegungssache, aber um die 100 m / 100 g (321,4 g; 324,8 m) kommt mir eher ziemlich dick vor?

    Ich hatte über viele Jahre eine Paten-Eselin, die gibt es auch noch, aber ohne meine Patenschaft, und auch so eine Art Paten-Schaf, die allerdings zum Glück anderswo untergekommen ist, bevor der Schafhof aufgegeben wurde.

    • faserexperimente

      Das Garn ist relativ dicht und daher auch nicht besonders dünn, die WPI hab ich jetzt gar nicht im Kopf… manchmal ist die Lauflänge / Gewicht nur im Zusammenhang mit dem WPI wirklich aussagekräftig.

      Und: Cool! EIne Paten-Eselin 🙂

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