Das Spinnen mit Unterstützten Spindeln wird oft mit einer gewissen Ehrfurcht besprochen, denn es gilt vielen als “fortgeschrittene” Technik. Ja, die Bewegungsabläufe sind etwas anders als bei Fallspindeln, aber sie sind genauso erlernbar. Also nur keine Angst, wenn Du Dich damit beschäftigen möchtest! Diese Art zu spinnen ist durchaus entspannend!
Im ersten Teil dieser Blogartikel-Serie kannst Du nochmal kurz nachlesen, was ich dort darüber zusammengefasst habe.
Was sind Unterstützte Spindeln?
Unterstützte Spindeln werden manchmal auch Standspindeln genannt. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie immer auf einer Unterlage (z.B. in einer Schale) stehend betrieben werden. Dafür haben sie am unteren Ende eine möglichst dünne Spitze, auf der sie lange laufen können. Am unteren Ende befindet sich auch das Schwungelement, und wenn das ein Wirtel ist, dann sehen diese unterstützten Spindeln einer Fußspindel gar nicht mal unähnlich (im zweiten Teil dieser Artikelserie kannst Du Dir nochmal eine anschauen).
Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zu einer Fallspindel: an ihrem oberen Ende sind unterstützte Spindeln glatt, d.h. sie haben i.d.R. keinen Haken. Das wird für die Spinntechnik relevant, auf die ich weiter unten eingehe. (Allerdings habe ich auch schon Videos gesehen, in denen jemand unterstützt gesponnen hat, obwohl die Spindel einen Haken hatte. Es ist also nicht prinzipiell unmöglich, üblich ist es aber meines Wissens nicht).
Standspindeln können aus vielen verschiedenen Materialien gefertigt sein. Es gibt unterstütze Spindeln komplett aus Metall (Tahkli), komplett aus Holz, aus einer Kombination von Holz und Glasspitze, auch Carbonstäbe mit Kreiseln habe ich schon gesehen.
Das Schwungelement bei den Unterstützten Spindeln kann ein separater Wirtel sein, alternativ kann es auch direkt in den Stab integriert sein. Spindeln mit separaten Wirtel sind z.B. Tibetische Spindeln, Tahkli-Spindeln (wird gerne für Baumwolle genommen), oder auch große Bodenspindeln (manchmal auch als “Navajo”-Spindel bezeichnet). Spindeln “aus einem Stück”, also ohne separaten Wirtel, sind beispielsweise Orenburg-Spindeln oder Phang-Spindeln (“Goddess-Spindeln”)
Was für Garne kann man damit spinnen?
Ein wesentliches Merkmal dieser Spindeln ist die Tatsache, dass kein Gewicht am entstehenden Faden hängt, d.h. man kann sehr dünne, weiche und fluffige Garne darauf spinnen. Besonders hilfreich ist das z.B. bei sehr kurzen oder glitschigen Fasern wie Hund, Katze oder auch Angora. Solche Fasern sind ungemischt für mich auf Fallspindeln gar nicht spinnbar.
Ich erinnere mich an ein wunderbares Angora-Kardenband, das ich mir von einem Wollefest mitgebracht hatte. Ich nahm meine allerleichteste Mini-Fallspindel zur Hand und versuchte mich an einer Spinnprobe. Nach 2min Testen hängte ich die Fallspindel kurzerhand wieder an den Haken und griff zu einer unterstützten Spindel. Mir ist ständig der Faden gerissen, weil ich nicht genug Drall produzieren konnte, um den entstehenden Faden hinreichend zu stabilisieren, damit er auch das Gewicht der Mini-Spindel hält. Mit der unterstützten Spindel war das dann überhaupt kein Problem und das Spinnen machte wieder Spaß.
Merke: Nicht jede Spindel funktioniert mit jeder Faser. Auch nicht, wenn man schon eine Weile spinnt und meint, Erfahrung zu haben (und hierbei greife ich mir an die eigene Nase).
Die Spinntechnik
Wie spinnt man nun mit unterstützten Spindeln? Wie oben schon erwähnt, werden sie auf eine Unterlage oder in eine Schale gestellt. Mit einer Hand (der Spindelhand) wird die Spindel angedreht und auch stabilisiert. Daumen und Zeigefinger treiben die Spindel an (wenn Du schon mal einen Fingerkreisel angedreht hast, kennst Du diese Bewegung). Nach dem Andrehen formen Daumen und Zeigefinger der Antriebshand ein “O”, innerhalb dessen die Spindel läuft. So wird die Spindel stabilisiert und kann nicht umfallen (sie fällt Dir dann nur in die Hand). Die andere Hand hält den Faservorrat.
Der entstehende Faden wird spiralförmig den Spindelschaft hochgeführt und läuft in einem ca 45 °-Winkel von der Spindelspitze weg. Bei jeder Spindelumdrehung springt er über die Spindelspitze, was ein ganz charakteristisches Geräusch erzeugt.
Dadurch, dass eine Hand immer an der Spindel ist und die andere Hand die Fasern hält, ergibt sich zwangsläufig: es ist keine Hand mehr frei für eine zusätzliche Drallsperre. Ergo: mit Unterstützten Spindeln spinnt man mit Drall in der Auszugszone (also im langen Auszug) und die Fasern müssen entsprechend vorbereitet sein. Wir verwenden also meist kardierte Fasern, das geht meiner Erfahrung nach am besten. Im Prinzip kannst Du aber auch gekämmte Fasern verwenden und sie stückchenweise aus der Falte im langen Auszug spinnen. Probiere aus, was für Dich gut funktioniert!
Um bequem spinnen zu können, sollte der Arm, mit dessen Hand man andreht, in einer entspannten Position nahe am Körper gehalten werden. Der Arm mit der Faserhand geht oft weiter vom Körper weg, hier solltest Du gut auf Deine Schulter achtgeben, um Dich nicht zu verletzen.
Mit unterstützten Spindeln spinne ich meist im Sitzen. Im Stehen funktioniert das aber auch, dann brauchst Du entweder eine Abstellfläche in geeigneter Höhe vor oder neben Dir, oder aber eine Art Gürtelhalterung für Deine Spinnschale.
Spinnen mit großen Bodenspindeln
Etwas anders werden die großen Bodenspindeln betrieben. Sie stehen neben dem Oberschenkel und lehnen an den Oberschenkel an. Man rollt sie mit der ganzen flachen Hand am Oberschenkel an (ähnlich, wie man das bei Fallspindeln machen kann), jedoch wird die Spindel in der Daumenbeuge weiterlaufen gelassen und gleich wieder angedreht. Im Gegensatz zu den kleineren Unterstützten Spindeln drehen Bodenspindeln also nie längere Zeit frei. Daher braucht man für Bodenspindeln auch nicht zwingend eine Schale. Ich verwende trotzdem eine, damit mir die Spindel nicht wegrollt. Mit diesen Spindeln werden traditionell Mischwollen zu Teppichgarnen verarbeitet.
Hier gibt es zwei Videos dazu:
The Sip-n-Spin auf youtube (auf englisch)
Clara Sherman Navajo Weaver auf youtube (sie zeigt Kardieren und Spinnen)
Wie wickelt man das Garn auf?
Geübte Spinnerinnen und Spinner wickeln die gerade gesponnene Armlänge Faden erst mal am oberen Ende des Spindelschaftes auf und sammeln dort ein bißchen Faden (“temporary cop”). Auf diese Weise kann man längere Zeit fließend spinnen, ohne den Spinnprozess für das Aufwickeln unterbrechen zu müssen.
Wenn man ein paar Armlängen gesponnen hat, wird dieses temporäre Wickelknäulchen abgewickelt (z.B. mit einem Butterfly, was in diesem Video zu sehen ist) und dann sorgfältig am unteren Ende über dem Wirtel (oder um den “Bauch” oder die “Taille”, wenn es keinen Wirtel gibt) wieder aufgewickelt. Das Aufwickeln sollte am besten schön fest sein, damit der Faden sich nicht lockert oder ausfranst an den Kanten.
Das Arbeiten mit dem temporären Knäulchen macht das Spinnen mit Unterstützten Spindeln produktiv und gleichzeitig meditativ (also: noch meditativer als andere Spindeltechniken). So ganz zufriedenstellend habe ich das aber noch nicht gemeistert und ich arbeite daher oft Armlänge für Armlänge, das funktioniert prima für mich.
Technische Merkmale und Spindeldimensionen
Bei den Unterstützten Spindeln ist mir bislang die größte Modell-Vielfalt begegnet, sowohl bei der Länge des Stabes, der Form des Wirtels bzw. de Schwungelements und dem Gewicht. Bei den Unterstützten Spindeln sind (im Gegensatz zu beispielsweise Fallspindeln) zusätzlich auch die Form und das Material der Spindelspitzen an beiden Enden wichtig – am oberen Ende für das Andrehen, am unteren Ende für die Laufeigenschaften. Schauen wir uns das mal genauer an.
Größe bzw. Länge des Schaftes
Meine größte unterstützte Spindel ist gleichzeitig meine größte Spindel überhaupt. Es ist die oben schon gezeigte Bodenspindel. Ihr Spindelstab ist 68 cm lang, der Wirtel ist eine Scheibe von ca. 9,5 cm Durchmesser. Sie wird über den Oberschenkel angedreht und läuft in einer auf dem Boden neben mir stehenden Schale (siehe auch bei den Spinntechniken). Meine kleinste Unterstützte Spindel ist nur 22 cm lang und hat keinen separaten Wirtel (es ist eine Orenburg-Spindel).
Dazwischen habe ich eine Reihe von Spindeln unterschiedlicher Schaftlängen. Beim Arbeiten mit den verschiedensten unterstützten Spindeln ist mir über die Zeit aufgefallen, dass ich mit unterschiedlich langen Spindeln unterschiedlich gut klarkomme. Wenn der Schaft zu lang ist, muß ich meine Hand zum Andrehen etwas höher vor meinem Körper halten, und das ist manchmal für meine Schulter sehr anstrengend. Kürzere Spindeln liegen mir manchmal besser. Um eine bequeme Arbeitshöhe zu erreichen, probiere ich manchmal verschiedene Positionen aus (z.B. auf dem Schoß oder mit der Schale neben mir auf dem Sofa).
Form des Schaftes (obere Spindelspitze)
Die Form der oberen Spindelspitzen hat einen nicht unerheblichen Einfluss darauf, wie schnell ich eine Spindel andrehen kann und dementsprechend wie viel Drall ich mit ihr produzieren kann. Je schmaler die obere Spitze, desto kräftiger und besser kann ich die Spindel andrehen. Ein relativ dick zulaufender Schaft führt bei mir sehr schnell zu Ermüdung des Daumens meiner Antriebshand, und je mehr Garn auf der Spindel ist (d.h. je mehr Gewicht sie am Ende hat und je träger sie somit wird), desto schwieriger wird das Andrehen. Eine Spindel mit “dicker” Spitze macht also für mich fluffigere Garne mit weniger Drall. Das muss ich im Hinterkopf behalten, wenn ich mich für eine bestimmte Faser-Spindel-Kombi entscheide.
Wirtel bzw. Schwungelement
Bei der Form des Schwungelements gilt das Eisläuferprinzip, das ich auch schon im ersten Artikel dieser Reihe beschrieben hatte. Wie bei allen Spindeln gilt auch hier: langsames Drehen macht dickere, weichere Garne, schnelles Drehen macht feine Garne mit viel Drall.
Für ganz feine Garne mit viel Drall empfiehlt sich eine schlanke Spindel, deren Schwungelement nur eine Verdickung im Stab ist (wie bei einer Orenburg-Spindel oder einer Phang-Spindel). Solche Spindeln laufen sehr schnell und produzieren viel Drall.
Ein schwerer, ausladender Wirtel hingegen läßt sich schwerer andrehen, die Spindel dreht langsamer aber dafür auch länger. Ein gutes Beispiel dafür sind meine Tibetischen Spindeln. Die Kombination “breiter Wirtel” mit einer etwas dicker zulaufenden Spitze bedeutet, dass die damit gesponnenen Garne definitiv keine Lace-Garne mehr sind. Das soll aber nicht heißen, dass man mit Tibetischen Spindeln nicht dünn spinnen kann: Ich habe eine andere Tibetische Spindel (eine Pu-Yok von Malcolm Fielding) mit ausladendem Wirtel aber einer deutlich dünneren Spitze, und mit dieser kann ich viel dünner spinnen.
Aber selbst, wenn die Spindelspitze sehr dünn ist und man sie gut andrehen kann, kann ein sehr ausladender schwerer Wirtel diesen Effekt wieder vermindern. Wie schnell eine Spindel am Ende dreht, ist also immer ein Mehrfaktorenspiel und es ist schwierig, allein von Bildern und Zahlen auf die Laufeigenschaften zu schließen. Wie eine Spindel läuft, weiß man erst, wenn man sie ausprobiert hat.
Gewicht
Das Gewicht ist bei Unterstützten Spindeln nicht ganz so wichtig wie bei Fallspindeln, bzw. spürt man 1 g Unterschied nicht so direkt beim Spinnen. Ganz zu vernachlässigen ist es aber nicht, denn es beeinflusst dennoch die Laufeigenschaften.
Unterstützte Spindeln sind oft etwas schwerer als z.B. Fallspindeln, denn das Gewicht hilft ihnen, länger zu drehen (wenn man sie denn erst mal in Gang gesetzt hat, Stichwort: Trägheit). Unterstützte Spindeln, die zu leicht sind, arbeiten sich für mich nicht so gut. Meine kleinste Orenburg-Spindel ist zwar nur 22 cm lang, hat aber ein Gewicht von 36 g, was sich gerade noch gut arbeitet.
Etwas anders ist das bei den Goddess- und den Phang-Spindeln, sie sind tendenziell etwas leichter, aber durch die Verteilung der Schwungmassen laufen sie dennoch hervorragend (es sind mittlerweile meine liebsten unterstützten Spindeln). Phang-Spindeln stammen ursprünglich aus Ladakh, und auf dieser Seite findest Du weitere Informationen (an dieser Stelle danke für den Hinweis aus der community auf Instagram!)
Material
Über das Spindelmaterial kann man (logisch) das Gewicht der Spindeln beeinflussen. Verschiedene Hölzer sind unterschiedlich dicht und damit unterschiedlich schwer, Metall ist noch schwerer und daraus gefertigte Spindeln können sehr klein und trotzdem schwer genug sein (z.B. Tahlkli). Durch Kombination von verschiedenen Materialien (z.B. Holz und Glas) sind die Laufeigenschaften hoch variabel.
Wichtig für das Laufverhalten unterstützter Spindeln ist aber ist nicht nur das Spindelmaterial an sich, sondern auch das Material, auf dem die Spindel läuft. Das beinhaltet sowohl die Laufspitze der Spindel als auch die Schale, in der sie läuft.
Die Laufspitze kann z.B. aus Holz, Metall, Glas oder Carbon gefertigt sein. Einige Spindelhersteller arbeiten in ihre Holzspindeln eine Metallkugel in die Holzspitze ein, auf der die Spindel läuft. Diese Materialien sind alle unterschiedlich hart, und je härter die Spitze, desto schneller kann die Spindel sich drehen. Auch eine Glasspitze kann prinzipiell sehr schnell drehen.
Laufschalen
Durch die Wahl einer geeigneten Schale kann man das Laufverhalten Deiner Spindeln beeinflussen. Die Kombination Metallkugelspitze und z.B. Keramikschale sorgt über sehr geringe Reibung für sehr hohe Drehzahlen. In einer Holzschale läuft dieselbe Spindel vielleicht etwas anders. Holzspitzen in einer Holzschale sollen nicht ganz so schnell drehen, und es heisst, dass sich eine Holzspitze sogar mit der Zeit sogar abnutzen kann und die Spindel dann nicht mehr so schnell dreht (hierzu habe ich aber noch keine eigenen Beobachtungen gemacht).
Durch die Kombination von unterschiedlichen Materialien in der Spindelspitze und der Laufschale läßt sich für jede Spindel das Laufverhalten also etwas variieren. Eine Holzspitze in einer Holzschale wird etwas anders laufen als eine Holzspitze in einer Keramik- oder Glasschale, und eine Metallkugelspitze wird sich auf Holz etwas anders verhalten als in einer Metallschale. Und manchmal geht mir das ständige “Pingdingding” einer Metallspitze in einer Keramikschale fürchterlich auf den Keks und ich greife doch lieber zur Holzspindel…
Es gibt Laufschalen, die man auf eine Oberfläche stellen muss, es gibt welche , die man an einem Stab zwischen die Beine klemmen kann (wie oben auf dem Bild), es gibt welche, die über einen Magneten und ein Band am Oberschenkel fixiert werden können, es gibt ganz kleine, die man als Schmuckstück an einer Kette tragen kann und es gibt sogar welche, die (wieder über Magneten) an kleinen Kissen befestigt sind. Da ich am bequemsten arbeiten kann, wenn die Schale neben mir steht, nützen mir all die Modelle, die man vor sich auf dem Schoß hat, nicht so viel. Aber hier hilft wieder nur: ausprobieren, was für Dich und Deine Schultern funktioniert!
Man muss auch nicht unbedingt extra eine Schale kaufen, Du kannst einfach Dinge nehmen, die Du bereits hast – kleine Asia-Schälchen, Seifenschälchen aus Holz, selbstgeschnitzte Baumscheiben… Gut ist, wenn die Schale möglichst flach ist, damit Du die Spindel zum Aufwickeln des Fadens gut neigen kannst. Wenn Du aber nur tiefe Schüsselchen hast, nimmst Du die Spindel zum Aufwickeln des Fadens einfach aus der Schale heraus.
Was ist eine gute Unterstützte Spindel?
Eine gute Unterstützte Spindel dreht nicht zu schnell und nicht zu langsam. Wenn Du am Anfang noch die Technik üben musst, kannst Du überlegen, ob Du das gleich mit der schnell drehenden Orenburg-Spindel machen möchtest oder ob eine langsamer drehende Tibetische Spindel in Frage kommt. Dabei gibt es kein richtig oder falsch. Wenn Du kannst, fahr zu einem Wollefest, besuche einen Drechsler, frag in Deinem Spinnkreis, ob Du mal eine Spindel ausprobieren kannst. Meistens merkst Du sehr schnell, mit welcher Spindel Du gut klarkommst.
Eine gute Spindel hat einen Schaft, den Du bequem vor Dir auf dem Schoß halten kannst oder auch seitlich neben Dir, ohne dass Dein Arm anstrengende Positionen einnehmen muss. Bei (etwas zu) kurzen Spindeln kannst Du im Zweifel immer ein Buch unterlegen. Ist die Spindel zu lang, wird es schon schwieriger, eine bequeme und schulterfreundliche Position einzunehmen.
Meine erste Unterstützte Spindel war eine recht kleine Orenburg-Spindel. Sie war handlich, ich konnte bequem sitzen und sie halten, und sie drehte auch nicht zu schnell. Danach habe ich mir eine Tibetische Spindel gekauft und war auch damit sehr zufrieden. Mit fortschreitender Fingerfertigkeit bin ich dann zu schneller drehenden Spindeln mit Metallspitze übergegangen. Mein absoluter Favorit ist dabei eine “Derwisch”-Spindel von The Spindle Shop aus Australien (teuer aber jeden Cent wert!).
Worauf kann man beim Kauf achten?
Wenn Du überlegst, Dir eine Unterstützte Spindel zu kaufen, kannst Du Dein Augenmerk auf ein paar Dinge lenken. Am allerbesten ist, wie bei allen Spindeln, das Ausprobieren vor Ort, wenn Du die Möglichkeit dazu hast. Wenn nicht, fallen mir zwei Dinge ein, auf die ich immer achte.
Verarbeitung
Trotz sorgfältiger Verarbeitung bei den Drechslern kann es immer mal sein, dass etwas bei der letzten Qualitätskontrolle durchrutscht. Schau, dass Du nirgends Grat spüren kannst, ganz besonders an der oberen Spitze, denn dort springt Dein Faden drüber und würde dann dort immer hängen bleiben. Falls Du Grat spürst, kannst Du den aber auch ganz leicht selbst entfernen mit ganz feinem Sandpapier oder einer Nagelfeile.
Der Schaft sollte kerzengerade sein und der Wirtel (wenn es einen gibt) fest mit dem Schaft verbunden. Letzteres ist aber eher relevant für Fallspindeln, wo man den Wirtel manchmal wechseln kann. Bei Unterstützten Spindeln ist mir da noch nie ein derartiges Problem begegnet.
Stimmen die Dimensionen mit Deinen Präferenzen überein?
Wenn Du einen schnellen Flitzer suchst, Du aber schon auf den Fotos siehst, dass die obere Spitze relativ dick, der Wirtel mit 8 cm relativ ausladend und das Gewicht mit 116 g angegeben ist, dann schau vielleicht, ob Du nicht doch ein schlankeres Modell findest. Man kann zwar ein Rennauto auch im 1. Gang fahren, aber mit einem Trecker wirst Du vermutlich nie mit 180 über die Autobahn düsen… Will sagen: Du wirst eine Flitzer-Spindel sachte andrehen und dadurch langsamer arbeiten können, aber eine Spindel, die von vornherein nur mühsam in Drehung zu versetzen ist, wirst Du nie so richtig auf Speed bekommen.
Eine meiner ersten Unterstützten Spindeln war eine Tibetische Spindel mit einer relativ dicken oberen Spindelspitze. Die Garne, die ich mit ihr gesponnen habe, wurden irgendwie immer dicker und fluffiger als die mit meiner Orenburg-Spindel. Irgendwann kam ich dann darauf, dass das daran lag, dass diese Spindel einfach nicht so schnell drehte wie die Orenburg-Spindel…
Ob die Länge einer Spindel für Dich funktioniert, kannst Du einfach mit einem Kochlöffel, einem Bleistift oder dem Stock vom letzten Spaziergang austesten. Einfach die Länge mit Klebchen oder Stift markieren und verschiedene Positionen (auf dem Schoß, neben Dir, mit Buch drunter…) ausprobieren und prüfen, ob Arm und Schulter entspannt bleiben.
Mein Fazit
Unterstützte Spindeln sind eine Klasse für sich, und es gibt unglaublich viele Modelle zur Auswahl. Das verführt immer mal wieder die Sammlerin in mir, das gebe ich zu. Auf der anderen Seite kann ich über die Wahl der geeigneten Spindel genau das Garn bekommen, das ich mir vorstelle, und einige Fasern kann ich überhaupt nur unterstützt zu einem Faden verarbeiten.
Die Technik ist am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, aber auf der anderen Seite eine hervorragende Möglichkeit, in Ruhe den langen Auszug zu üben. Und als es bei mir erst mal Klick gemacht hatte, wollte ich eine ganze Weile lang nichts anderes mehr spinnen…
Spinnst Du gerne unterstützt oder hast jetzt Lust bekommen, es mal zu probieren? Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen!
Meine Spindel-Artikel-Reihe
Vielleicht interessieren Dich auch die anderen Teile dieser Artikelserie:
Alle meine Spindeln (Teil 1/4)
Die Fallspindeln – Kopfspindeln, Fußspindeln, Kreuzspindeln (Teil 2/4)
Danke für diesen schönen Artikel. Leider habe ich trotz fortwährenden Versuchen nie ein schönes Garn mit unterstützten Spindeln hinbekommen… entweder zeigte sich spätestens beim Zwirnen, dass viel zu wenig Drall im Faden war… oder mir ist der Drall permanent in die Fasern gewandert – und da eine Hand die Spindel halten muss, fehlt mir dann eine Hand um das ‚Problem‘ zu lösen…. ich spinne aber auch sonst eher im kurzen Auszug, vielleicht macht mir deshalb der einhändige lange Auszug zusätzlich Probleme…
Meine Lieblingsspindel ist eine wunderschöne Glaswirtelspindel von Mingo&Asho (USA) und eine mit in Burano mundgeblasenem Glaswirtel. Sie laufen ganz toll… das Problem liegt bei mir.
Das freut mich, dass Dir der Artikel gefallen hat, liebe Annett!
In der Tat ist das mit dem in die Fasern wandernden Drall nicht ganz so einfach, das ist mir am Anfang auch häufig passiert (und passiert auch jetzt immer noch). Was mir geholfen hat: Aus der Falte spinnen. Das geht nicht mit allen Fasern richtig gut, aber einen Versuch wäre es vielleicht wert.
Eine Mingo & Asho, o wow, da hast Du ja was ganz Besonderes! Solltest Du Dich mal davon trennen wollen… ich frag für eine Freundin… *hüstel* 🙂