Dieses Jahr habe ich ein ganzes halbes Beet voll mit Japanischem Färberknöterich. Ich wollte schauen, wie viel Pigment ich bekomme und ob das wohl für eine Küpe reichen wird. Die erste Mini-Probe Anfang Juli gab eindeutig ein schönes Blau, und so setzte ich den ersten Eimer zum Fermentieren an. Aber ach – das Indigo-Pigment will nicht sedimentieren! In diesem Artikel gehe ich auf Ursachenforschung.
Ansatz Nr. 1: drei Fermentationen, aber langsame Sedimentation
Für meinen ersten Ansatz habe ich in meinem Enthusiasmus die Blätter nicht gewogen, aber wenigstens hinterher die Stängel gezählt: Es waren 49. Die Blätter waren relativ dicht gepackt in meinem kleinen schwarzen Eimer vom Möbelschweden. Und dann hieß es warten und beobachten.
Ich war dieses Jahr sehr vorsichtig und hab schon bei den ersten Anzeichen von neongrün die Blätter aus dem Ansatz genommen, dann belüftet und alkalisiert. Das Wetter war zwar eher suboptimal (zu kalt, zu wenig Sonne die letzten Wochen), und so hat das Ganze über 3 Tage gedauert.
Aber huiuiui, ist die erste Probe blau geworden! Und die Blätter sahen noch aus wie frisch gepflückt, knackig grün und taufrisch, also gab ich gleich nochmal Wasser drauf und setzte ich damit eine zweite Fermentation an. Die war schon nach einem Tag wieder neongrün mit Schlieren an der Oberfläche und gab wieder blau. Und die Blätter sahen größtenteils immer noch gut aus, daher ich wagte eine dritte Fermentation. Was soll ich sagen: sogar die dritte Extraktion hat geklappt!
Die erste Fermentation habe ich beendet, als sich gerade die ersten metallischen Schlieren auf der Oberfläche bildeten (ich war wie gesagt sehr vorsichtig). Das Pigment in der Flüssigkeit war eher graublau (nicht so leuchtend wie die Ansätze im letzten Jahr) und es brauchte über eine Woche, um sich einigermaßen am Boden abzusetzen (vermutlich sehr kleine Partikel, die schlecht sedimentieren).
Auch bei der zweiten Fermentation war das Pigment eher graublau und sedimentierte sehr langsam.
Die dritte Fermentation war nach weniger als 24 Stunden fertig, war viel intensiver neongrünblau als die beiden ersten und zeigte deutliche Schlieren auf der Oberfläche. Hier war die Pigmentfarbe intensiver blau (wenn auch nicht so intensiv wie 2023), und das Pigment sedimentierte etwas schneller.
Und nun (fast 4 Wochen später) warte ich immer noch darauf, dass das Pigment vollständig sedimentiert ist… oder ich nehme einfach den Ansatz und mache direkt eine Fructoseküpe daraus, wenn mir das Warten zu lang dauert. Dank des betreuten Färbens im Kurs von Elke (Flora und Farbe) bin ich da überhaupt nicht mehr zögerlich!
Aber Sedimentation hin oder her – ich hab das Gefühl, dieses Jahr ist ein gutes Indigojahr!
Ansatz Nr. 2 – viel Pigment und wieder langsame Sedimentation
Dieses Jahr möchte ich ja möglichst viel Pigment gewinnen, und so habe ich kurz darauf einen weiteren Ansatz gestartet (diesmal gewogen: mit 388 g Blättern). Auch bei diesem Ansatz konnte ich mehr als eine Fermentation machen (nämlich zwei). Das Pigment ist jetzt dabei zu sedimentieren, aber das geht leider wieder nur sehr langsam, offenbar ist auch hier die Partikelgröße sehr gering. Dementsprechend habe ich jetzt keine Gefäße mehr frei, um weitere Fermentationen anzusetzen… Merke: mehr Anbaufläche allein reicht nicht, um die Produktion zu steigern. Ich brauche auch viele hohe Gläser und Stellfläche für die anschließende Pigmentextraktion und Fällung. Vielleicht muss ich doch mal wieder auf einen Flohmarkt…
Überlegungen zur Partikelgröße
Die sehr langsame Sedimentation ließ mir irgendwie keine Ruhe, und so recherchierte ich nochmal in meinen Unterlagen zu den Zusammenhängen.
Es gibt verschiedene Überlegungen, wie man die Partikelgröße des ausfallenden Indigo beeinflussen kann. Fakt ist: je langsamer das Indigo braucht, um sich am Boden des Gefäßes zu sammeln (also zu sedimentieren), desto kleiner sind die Partikel. Wer also schnell ein Sediment haben möchte, weil die Gefäße wieder gebraucht werden, möchte möglichst große Partikel.
In einer Facebook-Gruppe las ich die Überlegung, dass man die Flüssigkeit erst belüften soll und dann mit Ca(OH)2 alkalisieren soll (und dann nur noch rühren und nicht mehr groß bewegen). Das Blau entsteht wohl schon vor dem Alkalisieren, aber sobald Ca(OH)2 dazukommt, hilft das den bereits gebildeten Indigopartikeln, auszufallen. Beim Lösen von Ca(OH)2 in Wasser entsteht wohl CaCO3 (Kreide), an das dann die Indigopartikel binden und quasi „huckepack“ ausfallen. Wenn man alkalisiert, sollte der Sauerstoff also idealerweise schon eingeführt sein, damit sozusagen alle Zutaten zusammen sind und sich große Partikel bilden können. Außerdem soll das starke Bewegen der Flüssigkeit durch Schäumen oder Hin- und Her-Gießen nach dem Alkalisieren dazu führen, dass die Partikel klein bleiben.
Eigentlich hatte ich mich daran gehalten und erst belüftet und nach dem Alkalisieren nur noch ein wenig gerührt, trotzdem scheint das nicht gereicht zu haben. Und bei meinen ersten Extraktionen habe ich es genau anders herum gemacht und es sedimentierte auch problemlos… So ganz kann ich diese Theorie also nicht bestätigen, bzw. es muss noch andere Einflussfaktoren geben.
Die zweite Möglichkeit ist das Wasser selbst: Unser Leitungswasser ist vergleichsweise hart, daher dachte ich, ich nehme mal lieber weicheres, gefiltertes Wasser für die Extraktionen. Wasserhärte ist (unter anderem) die sogenannte Carbonat-Härte, die hauptsächlich durch Calcium- und Magnesiumcarbonat im Wasser entsteht. Wenn Calciumcarbonat aber das Ausflocken des Indigopigments befördern soll… ist gefiltertes Wasser dann vielleicht doch gar nicht so gut wie Leitungswasser?
In einem dritten Ansatz wollte ich dem Ganzen nochmal auf den Grund gehen.
Ansatz Nr. 3 – das richtige Wasser und die richtige Reihenfolge
Ich habe es also nochmal mit Leitungswasser versucht, das Blättergewicht habe ich aber diesmal nicht bestimmt. Das Leitungswasser war handwarm, und die Fermentation war nach 2 Tagen schon fertig. Nach dem Entfernen der Blätter habe ich die Flüssigkeit belüftet, indem ich sie 45 x von einem Gefäß in ein anderes hin- und hergeschüttet habe. (Pro-Tipp: setze nur so viel Flüssigkeit an, wie Du problemlos 100 x hochheben kannst.) Die Flüssigkeit wurde etwas dunkler, aber nicht tiefblau, auch der Schaum wurde nicht blau. Nach der Zugaben von Ca(OH)2 habe ich nur noch gerührt.
Und siehe da: am nächsten Morgen war alles sedimentiert und der Überstand klar. Das werde ich also mal weiter verfolgen, nur noch Leitungswasser verwenden und wirklich lange belüften, bevor ich alkalisiere. Genug Blätter hab ich ja noch 🙂
Ich habe auch hier nochmal einen zweiten Ansatz versucht und die Blätter nach der ersten Fermentierung nochmal mit Wasser übergossen und angesetzt. Diesmal war das Wasser nach 1 Tag schon neonfarben, aber auch trüb und roch ganz anders als bei einer guten Fermentation. Das Pigment sedimentierte schnell, aber es war eher graublau als Indigoblau. Merke: Pigment aus einem überfermentierten Ansatz wird farblich ganz anders!
Wenn Du dazu ein paar Gedanken hast, schreib mir gerne einen Kommentar!
Wie interessant! Ich habe gerade parallel zwei Extraktionen, die sedimentieren. Die, die ich vor Zugabe vom Löschkalk schon ‚belüftet‘ hatte, hat viel schneller losgelegt mit dem Absetzen vom Pigment! Allerdings gibt es zwischen den Ansätzen noch einen Unterschied, im einen ist mein weiß blühender Färberknöterich, im anderen der rosablütige. Ob das auch mitspielen könnte? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, das beeinflusst u.U. wohl eher den Farbstoffgehalt?
Ja, ich denke, dass es eher den Farbstoffgehalt und vielleicht den Blauton beeinflusst als die Sedimentationsgeschwindigkeit. Aber cool, dass Du das auch beobachtet hast! und danke, dass Du Deine Beobachtung geteilt hast ! 🙂