Mädchenaugen im Färbergarten sind eine tolle Sache. Dieses Jahr hatte ich sie das erste Mal angepflanzt und gleich ein paar Probefärbungen gemacht. Und ich bin begeistert! Das Farbspektrum reicht (je nach Färbebedingungen) von gelb-orange über rot bis zu olivgrün. Die Blüten sind sehr ergiebig und die Färbung auch relativ lichtecht (zumindest in meinem Versuch). Ein Überraschung brachte mein Versuch mit verschiedenen pH-Werten. Aber lies selbst…
In den Töpfen auf meiner Terrasse wächst von Jahr zu Jahr mehr Farbe. Angefangen hat alles mit Japanischem Färberknöterich, letztes Jahr kamen Schwefelkosmee, Mädchenauge (Coreopsis tinctoria) und Färberkamille hinzu. Einige Pflanzen haben den Winter überlebt und neu ausgetrieben (obwohl sie als einjährig beschrieben wurden). Aus der Blattform schloss ich, dass es sich um Schwefelkosmeen handeln müsse, und säte nur noch ein paar Mädchenaugen aus. Die Überraschung war dann doch groß, als sich die ersten Blüten öffneten und es sich doch ebenfalls um Mädchenaugen handelte. Nun, so hatte ich dieses Jahr eben eine reiche Ernte und genug Material, um einige Färbeversuche zu starten.
Mädchenaugen haben diesen ganz speziellen Duft. Immer wenn ich die Blüten ernte, steigt er mir in die Nase, markant, speziell, eindringlich. Ganz unverwechselbar Coreopsis. Und dann die Blüten: jede ist etwas anders und individuell, obwohl sich doch alle ähnlich sind. Manche haben einfach eine rotbraune Mitte und einen gelben Rand. Manche sind fast vollständig rotbraun, bei anderen ist die Mitte schon fast gemustert und gestreift.
Die Pflanze – Anzucht und Wachstum
Mädchenauge ist eine buschige Pflanze, die den ganzen Sommer über viele kleine Blüten produziert. Je mehr man erntet, desto mehr Blüten produziert sie. Mein Saatgut habe ich bei Elke gekauft, und aus ihrem Buch über Färberpflanzen habe ich mich über die Anbaubedingungen informiert. Auf meiner Terrasse ist es sehr sonnig, und ich habe den Pflanzen ein windgeschütztes Eckchen gesucht, in dem sie sich prächtig entwickelt haben.
Ich ziehe die Pflanzen immer vor, weil ich es nicht abwarten kann, die Färbepflanzensaison zu beginnen. Leider herrschen bei uns drinnen sehr subotpimale Lichtbedingungen und die Pflanzen werden trotz Südfenster tendenziell lang und dünn. Meine nächste Anschaffung wird also wohl eine Pflanzlampe sein, unter der ich wenigstens die Anzucht so gestalten kann, dass die Pflanzen ausreichend kräftig sind und im Frühlingswind nicht gleich umknicken.
Dieses Jahr brachten meine Pflanzen unglaublich viele Blüten hervor, die ich regelmäßig abgeerntet habe, um die Blütenbildung weiter anzuregen. Ich ernte sie erst, wenn sich die Blütenblätter zum Stängel hin neigen, dann sind sie schon ein paar Tage alt und die Insekten hatten genügend Zeit, ihre Nahrung bei ihnen zu suchen. (Coreopsisblüten sind immer sehr beliebt bei einer Reihe von Insekten, nicht nur Bienen).
Färben mit Coreopsis tinctoria
Normalerweise heißt es ja, Färbungen mit Blüten sind nicht so intensiv und nicht so lichtecht. Eines meiner ersten Färbeexperimente vor einigen Jahren war ein Versuch mit Ritterspornblüten, und das Ergebnis war … nunja, eher unspektakulär. Blass gelb halt.
Bevor ich also große Mengen Wolle färbe, wollte ich auf jeden Fall ein paar Aspekte im kleinen Maßstab austesten:
- Welches Farbspektrum geben Coreopsis-Blüten?
- Welche Mengen (WOF) braucht man für einigermaßen intensive Farben?
- Wie konzentriert kann man die Flotte ansetzen?
Außerdem wollte ich untersuchen, welche Rolle das Flottenvolumen für das Färbeergebnis spielt. Will sagen: wenn ich eine bestimmte Menge X an Farbstoff habe, wie verändert sich die Färbung auf dem Garn, wenn diese Menge X z. B. in dem doppelten Volumen verteilt ist (um z.B. mehr Stränge zu benetzen). Der Farbstoff liegt ja dann quasi nur in halber Konzentration vor. Üblicherweise würde ich sagen: je geringer die Konzentration (also je dünner die Flotte) desto blasser die Farbe. Aber beim Färben mit Naturfarben steht üblicherweise nur die Angabe „% WOF“, ohne Angabe irgendeines Volumens.
Erste Vorversuche
Für alle Versuche habe ich (wie allermeistens) meine Garne und Fasern mit Kaltbeize gebeizt. Wenn nicht anders angegeben, habe ich 45 min bei 80-85°C Flottentemperatur gefärbt. Das Gewicht der Stränge lag immer zwischen 15 und 19 g.
Für die Flotte habe ich 44 g Blüten über Nacht in ca. 1l Wasser eingeweicht. Am nächsten Morgen habe ich die Blüten in dem Einweichwasser auf unserem Gasherd langsam auf 80 – 85°C erhitzt, 45min die Temperatur gehalten, und anschließend über Nacht abkühlen lassen.
Erster Zug (normale Färbung, ohne Farbbeutel): Zum Färben im 1. Zug habe ich den Farbbeutel aus dem Topf genommen, weil sonst nicht genug Platz für das Garn gewesen wäre.
Zweiter Zug (ohne Farbbeutel, normale Flotte vs. verdünnte Flotte, plus Eisen-Weiterentwicklung): Nach dem ersten Zug habe ich die Flotte halbiert und auf 2 Weckgläser aufgeteilt. Eine Hälfte habe ich direkt so gelassen und einen Strang eingelegt, die zweite Hälfte habe ich mit Wasser auf das doppelte Volumen aufgefüllt und 2 Stränge eingelegt. Einer dieser Stränge war für eine Eisen-Nachbehaldlung vorgesehen. (So richtig vergleichbar mit der anderen Hälfte ist es dadurch natürlich nicht, weil ich ja somit auch die Garnmenge verdoppelt habe, aber ich wollte einfach nur mal schauen, was passiert).
Dritter bis sechster Zug (mit Zugabe des Farbbeutels): Die Flottenhälfte aus Zug 2, die kein Eisen bekommen hat, wurde einfach so lange weiter mit Garn (und zum Schluß in Ermangelung von fertig gebeizt Garn mit Fasern) bestückt, bis die Flotte erschöpft war.
Das Farbspektrum – von gelb-orange über ziegelrot bis olive
Die Farben aus dieser Färbung waren sehr intensiv ziegelrot bis orange, und selbst im 5. und 6. Zug war die Färbung noch nicht wirklich als “blass” zu bezeichnen.
Die Eisennachbehandlung veränderte die Farbe in ein schönes Olivgrün.
Und wie ist es mit der Konzentration der Flotte, hat die eine Auswirkung auf das Färbeergebnis? Zwischen der konzentrierten und der verdünnten Variante des zweiten Zuges konnte ich unter den von mir gewählten Bedingungen keinen Unterschied feststellen. Über den Zusammenhang von Farbstoffmenge und Konzentration werde ich mir also nochmal Gedanken machen und vielleicht andere Bedingungen wählen, um weiter zu testen.
Was ich beobachtet habe: mit Farbbeutel ist die Flotte viel intensiver. Im ersten Zug habe ich den Farbbeutel rausgenommen, im dritten Zug wieder dazugegeben, und das Farbergebnis war nahezu identisch. Erst im vierten Zug wurde es blasser. Einen so deutlichen Effekt des Farbbeutels habe ich nicht immer bei einer Färbung beobachtet.
Die Färbung ist pH-abhängig
Und dann interessierte mich noch die Sache mit dem pH – ändert sich die Farbe im Sauren oder Basischen?
Für diesen Versuch teilte ich meine Flotte in drei gleich große Teile: ein Teil mit Essig zum Ansäuern, einer neutral (zum Vergleich mit dem ersten Versuch) und einer mit Pottasche zum Alkalisieren.
Dorothea Fischer beschreibt in ihrem Buch, dass man eigentlich schon die Blüten bzw. die Flotte mit Pottasche ansetzen soll. Das hätte aber dann in meinem Fall dazu geführt, dass ich drei getrennte Flotten hätte ansetzen müssen, womit sie nicht mehr komplett vergleichbar gewesen wären. Hier schlägt wieder die Laborarbeit durch (immer schön alle Proben eines Versuchs aus einem Mastermix ansetzen, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten …).
Färbebedingungen
1 = neutral (ohne Zusätze)
2 = 5% Weinsteinrahm, 15% Weizenkleie, pH 4
3 = 13,2% Pottasche, pH 11 (das war vielleicht ein bisschen viel…). Der pH nahm von Zug zu Zug ab und lag nach dem 3. Zug nur noch bei 8.
3 x 15 g = 45 g Blüten, 3 x 25 g Garn (=60% WOF)
Das Ergebnis war faszinierend: Im sauren werden die Farben blasser und gelber, im alkalischen hingegen intensiver und roter. Und zwar so richtig rot! Leider ist diese Farbe nicht dauerhaft, und im Essigspülgang nach dem Färben wurde das Garn dann doch wieder normal orange.
Die Überraschung kam im Alkalischen mit Eisen-Nachbehandlung. Gar nicht grün, sondern es bleibt im roten Bereich und wandelt sich leicht ins bräunliche! Wow, was für ein Farbton! (Ich habe noch nicht untersucht, ob das Rot dauerhaft ist. Es scheint aber so.)
Am schönsten finde ich insgesamt aber immer noch den hellen Grünton im Sauren nach der Eisenbehandlung. Oder doch das Rotbraun vom Alkalischen…?
Lichtechtheit – überraschend gut für Blüten
Auf das Ergebnis der Lichtechtheit war ich echt gespannt. Ich habe Garne vom 1., 2. und 2. Zug mit Eisen-Weiterentwicklung um eine Karte gewickelt, diese ins Südfenster gelegt und zur Hälfte abgedeckt. Die Karte lag ca. 2 Monate dort (Ende August / Anfang September bis Ende Oktober). In dieser Zeit konnte ich nur ein kaum wahrnehmbares Verblassen bei der Färbung im 2. Zug und der Eisen-Weiterentwicklung sehen. Das Garn aus dem 1. Zug scheint unverändert.
Mein Fazit: Favoritenpotenzial!
Mädchenaugen sind eine sehr ergiebige Farbstoffquelle. In meinen Versuchen mit 60 – 100 % WOF war die Farbe immer sehr intensiv und mehrere Züge waren möglich. Die Farbtöne sind intensiv und relativ lichtecht (das werde ich vielleicht nächsten Sommer wiederholen, dieses Jahr war ich dafür schon recht spät dran).
Auch die Eisen-Weiterentwicklung finde ich fantastisch. Die Farben aller Züge und Nachentwicklungen könnte man problemlos in einem Strick- oder Webstück verarbeiten, sie sind einfach unglaublich gut kombinierbar.
Die pH-Abhängigkeit ist (so, wie ich es gemacht habe) leider nur transient. Vielleicht ändert sich das, wenn man den pH statt in der fertigen Flotte schon bei der Extraktion der Blüten (also der Herstellung der Flotte) einstellt. Das ist ein Experiment für das nächste Jahr (oder diesen Winter…)
Literatur
D. Fischer „Naturfarben auf Wolle und Seide“. ISBN 3-8334-4691-9
Hallo Kathrin, das sind ja echt tolle Farben! Ich habe auch fleißig Blüten gesammelt und freue mich nun auch aufs Färben!
Womit machst du denn die Eisenentwicklung – mit Eisensulfat oder Eisenessig? Und in welchem Verhältnis? Ich bin bei Eisen immer eher zögerlich, weil es ja die Faserrn schädigen kann.
Ich werde vielleicht einen Versuch starten mit einer alkalischen Extraktion mit Soda bei Zimmertemperatur (nach Jenny Dean), weiß natürlich nicht, ob das bei Blüten auch klappt…
Beste Grüße
Barbara
Liebe Barbara,
für die Eisenentwicklung habe ich mal eine Tüte rostige alte Schrauben in ein Glas gefüllt und mit Wasser und einem Schuss Essig aufgefüllt. Nach ein paar Wochen ist eine unansehnliche braune Soße entstanden, die ich als Eisenwasser verwende. Ich dosiere sehr vorsichtig, d.h. ich habe eine kleine Pipette von einer alten Flasche Nasentropfen ausgespült und verwende die, um das Wasser tropfenweise zuzugeben. Da es nur eine Nachbehandlung ist, bleibt die Wolle auch nie länger als z.B 10 min darin, danach hole ich sie raus, schleudere sie aus und sie bekommt auch noch ein Essigbad. Ich kann noch nicht sagen, wie sehr das die Fasern angreift, weil ich es bislang erst 1x gemacht habe, aber ich werde das beobachten.
Bin gespannt, was Deine alkalische Extraktion ergibt, wenn ich mal eine mache, werde ich es sicher hier posten!