Einmal im Jahr veranstaltet unsere Spinngruppe in Berlin ein besonderes Spinnfest. Dazu treffen wir uns in einem etwas größeren Rahmen und laden Spinnerinnen und Spinner von überall her ein, mit uns zusammenzukommen, sich auszutauschen, zu schnacken. Auch die nicht-spinnende Öffentlichkeit ist eingeladen, uns bei unserem Handwerk über die Schulter zu schauen und zu staunen.
Unter dem Motto „Spinnen an besonderen Orten“ versuchen wir etwas ganz Besonderes zu bieten, etwas, das vielleicht zum Ort passt, das man sonst nicht unbedingt zu sehen bekommt oder einfach ein schönes Erlebnis ist.
Dieses Jahr fiel der Termin auf den Mittsommertag. Bei fantastischem Wetter trafen wir uns auf dem Botha-Hof in Ladeburg (bei Bernau). Beate zeigte ihre Wollwaschmethode, Martina hatte eine Färbestation aufgebaut und zeigte Färben mit Krapp, Zwiebelschalen und Blutpflaume. Bei Meike konnte man filzen, bei Carina und Manon Fasern kaufen und ansonsten zwischen Buffet, Getränkestand und Spinnrad (bzw. Spindel) hin und her pendeln. Sogar eine musikalische Einlage auf dem Cello wurde geboten!
Die Spinnfest-Tradition der Berliner Spinner
Unsere Spinnfeste haben mittlerweile Tradition. Das erste Spinnfest, an dem ich teilnahm, fand 2017 im Gemeindehaus Buch statt. Das war noch nicht öffentlich, d. h. wir Spinner trafen uns zwar überregional, waren aber nur unter uns. Wir hatten den großen Raum im Gemeindehaus gemietet, damit alle in großer Runde Platz hatten. In der Mitte stand ein riesiger Tisch mit Ausstellungsstücken der Teilnehmerinnen – gesponnene Garne, gewebte Decken, gestrickte Kleidungsstücke, gehäkelte Körbe, gefilzte Kunstwerke. Der große Flügel des Gemeindehauses kam für das kulturelle Rahmenprogramm zum Einsatz, so dass es auch mal ruhigere Momente gab. Es gab einen kleinen Flohmarkt und einen Fasertausch für alle, die teilnehmen wollten. Es war einfach herrlich!
Highlight war das Spinnspiel „wer spinnt den längsten Faden“. Jede Teilnehmerin bekam die gleiche Menge Wolle und auf „Los!“ hieß es, einen möglichst dünnen (weil langen) Faden zu spinnen, der dann anschließend ausgemessen wurde.
Coronabedingt gab es zwischendrin mal eine Pause, und das Spinnfest in Velten 2024 stand dann schon unter dem oben genannten Motto – es fand auf einem Reiterhof nahe Berlin statt. Hier habe ich davon berichtet.
Der Botha-Hof in Ladeburg
Der Botha-Hof in Ladeburg ist ein Familienhof bzw. -projekt von zwei Familien, die dort Rinder und Schafe halten. Beate aus unserer Spinngruppe gehört zu einer der beiden Familien und hat den Familienrat überzeugen können, auf dem weitläufigen Gelände Gastgeber zu sein. Die ganze Familie hat mitgeholfen, alles für das Fest aufzubauen – den riesigen Pavillon aufgebaut, Bierbänke besorgt, den Getränkestand bewirtschaftet, das Buffet betreut, Bratwürste gegrillt… wir waren rundum herrlich versorgt. Sogar eine musikalische Einlage gab es – ein junger Mann aus der Nachbarschaft spielte uns etwas auf dem Cello.

Beate beschäftigt sich viel mit lokaler Geschichte und hatte einige große Informationstafeln aufgestellt, auf denen man u.a. über die Geschichte der Seidenraupenzucht und der Weberfamilien in Ladeburg nachlesen konnte.

Das Wetter war fantastisch und fast schon etwas zu heiß – alles spielte sich im Schatten ab unter dem großen Pavillon. Man tauschte sich aus und schwatzte – manche Menschen sieht man nur dieses eine Mal im Jahr. Ab und an spazierte man zum üppig bestückten Mitbring-Büffet hinüber und füllte sich den Teller oder holte noch einen Kaffee. Dann wieder ließ man sich von den ausgestellten Kleidungsstücken inspirieren. Und zwischendrin wurde gesponnen. Zwar hatte ich mir richtig schöne Fasern aus den Tiefen meines Stash rausgesucht, aber so richtig doll zum Spinnen kam ich dann doch gar nicht. Hach, Luxusprobleme!

Highlights: Filzkurs, Färben und Wolle waschen
Dieses Mal gab es zwar kein Spinnspiel, aber dennoch gab es einiges zu sehen und auszuprobieren.
Die liebe Meike Raßbach (filzhuhngrünes) hat einen kleinen Filzkurs gegeben, bei dem unter anderem bunte gefilzte Federn entstanden. Filzen unterm Kirschbaum hätte der Kurs auch heißen können – so eine schöne Atmosphäre!

Martina zeigte den Besuchern, wie sie ihre Garne mit Naturfarben färbt – sie hatte Krapp, Zwiebelschale und Blutpflaume vorbereitet. Das gab einiges an „ooooh“ und „aaaah“, als sie die Stränge aus den Flotten zog und in die Bäume hängte zum Trocknen. Besonders das Salbeigrün der Blutpflaume wurde allseits mit entzückten Ausrufen bedacht.

Gegenüber hatte Beate eine Waschstraße aufgebaut und zeigte, wie sie die Wolle ihrer Schwarzkopfschafe wäscht – im Mörteleimer mit Wollwaschmittel und Wäschstampfer. Nach dieser Demonstration sah man allenthalben gezückte Handys, die die Benutzeroberfläche eines gewissen online-Auktionshauses zeigten, und die offenbar alle dasselbe antike Utensil recherchierten… Möglicherweise ist auch bei mir eines eingezogen. Zu Forschungszwecken, versteht sich.
Beate hatte auch Proben ihrer gewaschenen Wolle dabei und ich war ziemlich beeindruckt, wie schön sauber und fluffig die Wolle mit Beates Methode geworden ist. Und deshalb habe ich sie auch in meinen umfassenden Artikel zum Wolle Waschen mit aufgenommen.

Die Spinnfutterversorgung war gesichert
Und weil Fasern bei einem Spinnfest immer eine feine Sache sind, gab es zwei Stände, an denen es regionale Faser-Köstlichkeiten zu kaufen gab.
Da war zum einen der Angorakaninchenzüchter, der mit seiner Tochter zusammen die Fasern seiner Tiere verkauft hat und auch gleich zeigte, wie er sie am e-Spinner verspinnt. Auch Spindeln aus dem 3D-Drucker gab es zu kaufen.
Sehr zu meiner Freude war auch Carina von der Schäferei Schöne Schafe da und hat Kardenband und Vlies ihrer Schafe verkauft. So hatten wir ein bisschen Zeit zum Schnacken, die bei einer Schur ja dann doch etwas zu kurz kommt.
Fazit: Immer wieder schön!
Von so einem Spinnfest fahre ich immer voll inspiriert und mit breitem Lächeln auf dem Gesicht nach Hause. Es ist nicht nur das Treffen mit Menschen, die das gleiche Hobby haben – es ist auch die Tatsache, dass ich jedes Mal etwas dazulerne. Dass ich immer wieder die Erfahrung mache: Es lohnt sich, offen zu sein für andere Sichtweisen, für neue Erfahrungen. Dass alle reicher werden, wenn man Wissen teilt. Drum auch dieser Blog …
Bin schon gespannt, was es nächstes Jahr geben wird!
Es war ein schöner, interessanter und angenehmer Tag auf dem Bothahof. Viele Gäste sind gekommen, hatten Spaß, beste Verpflegung, viel zu Schauen und mitzumachen. Im wahrsten Sinne – es war ein Fest 🎈☀️💃
Das war es wirklich! So schön, dass Du einen Filzkurs gegeben hast!