Ein Blog über Schafe, Wolle und Handspinnen

Kategorie: Randnotizen

Hier erscheinen kurze Texte zu allen Themen des Blogs – leine Recherche, keine Erklärung, keine Anleitung. Nur Gedanken und Beobachtungen.

BMEL Studie zur Marktanalyse für deutsche Schafschurwolle

Endlich ist der finale Bericht zu einer Marktanalyse für deutsche Schafschurwolle da. Die Studie wurde 2021 vom BMEL in Auftrag gegeben.

Der Platz reicht hier auf Insta nicht für alles, aber ich zitiere mal aus der Kurzzusammenfassung:

„Bemühungen zur Verbesserung der derzeitigen Situation sollten sich primär nicht auf einzelne Anwendungsgebiete beziehen, sondern so gerichtet sein, dass sie die Infrastruktur fördern und mehrere Anwendungsgebiete gleichzeitig unterstützen. Dann können vereinzelte Nischenprodukte entstehen, die eine möglichst hohe Wertschöpfung generieren.“

„Schafwolle bietet viele Möglichkeiten, wird bisweilen jedoch unter ihrem Wert verwendet und ist wenig bekannt. Um diese Situation zu ändern, bedarf es einer ganzheitlichen und nachhaltigen Umsetzung einzelner Maßnahmen. (…)“

Einige der empfohlenen Maßnahmen:

  1. Handbuch zur Verbesserung und Vereinheitlichung der Wollqualität
  2. Beauftragung und Durchführung einer Klimabilanzstudie zur Herstellung von Schafschurwolle
  3. Prüfung und Bewertung der Realisierbarkeit einer deutschen Wollwäscherei (wobei da wohl schon einiges läuft)
  4. Aufhebung der Einstufung von Schafschurwolle als Material der Kategorie 3
  5. Entwicklung und Realisierung einer Plattform zur Vernetzung aller relevanten Marktteilnehmer

Interessant zum Punkt 4 der Liste: Das Ministerium, das diese Studie in Auftrag gegeben hat, sieht keine Möglichkeit, an der Einstufung von Wolle als Kategorie 3-Material etwas zu ändern, siehe dazu auch die Dokumentation auf Arte (via youtube) und diesen Beitrag von mir.

Und bezüglich Punkt 5 möchte ich auf Fibershed DACH und den Community Space hinweisen. Der Community Space ist genau so ein Ort für alle an der Lieferkette Beteiligten zum Vernetzen, zum unkomplizierten Austausch von Wissen, zum Verbinden von Menschen, die sich gegenseitig unterstützen können.

Hier gibt es die Pressemitteilung zu der Studie.

Endlich ist der finale Bericht zu einer Marktanalyse für deutsche Schafschurwolle da. Die Studie wurde 2021 vom BMEL in Auftrag gegeben.


Dieser Beitrag ist zuerst auf Instagram erschienen.

Feinere und weichere Wolle mit Enzymen?

Vor kurzem sah ich eine Reportage auf Arte (hier nochmal eine aktualisierte Version der Doku), in der es um Schafwolle, Probleme bei der Verwendung und Vermarktung sowie um zwei derzeitige Projekte ging, die Abhilfe schaffen wollen. Es sind großartige Projekte, und auch die Reportage ist wirklich sehenswert.

Ich habe aber auch ein paar Anmerkungen dazu (und @chantimanou hat die meisten davon in ihrer Instagram-Story schon genannt). Ergänzen möchte ich hier etwas zu dem Thema Enzyme.

In der Reportage wird ein Forschungsprojekt der Prickly Thistle mit der Universität Edinburgh erwähnt: Sie möchten durch enzymatische Behandlung kratzige Highland-Wolle wieder weicher machen. Auf dem Bildschirm ist kurz das Wort „Keratinase“ zu sehen.

Was ist das?

Keratinasen sind Enzyme (also natürlich vorkommende Proteine), die Keratin (also der Stoff, aus dem Wolle und Haare sind) komplett abbauen können. Durch geschicktes Timing der Behandlung will das Forschungsteam an der Uni die Fasern nicht komplett verdauen, sondern nur die äußere Schicht „andauen“ und entfernen. Dadurch sollen die Fasern feiner (also ihr Durchmesser kleiner) und sie somit weicher werden.

Sowas kenn ich doch irgendwoher…?

Richtig. Z.B von enzymatischen Verfahren der Superwash-Behandlung. Dabei wird auch mittels Enzymen die äußere Schuppenschicht entfernt, um die Wolle maschinenwaschbar zu machen. Darüber hab ich auch schon mal einen Blogartikel geschrieben.

Macht so eine Behandlung Sinn?

Hmm. Es ist ein zusätzlicher Prozess-Schritt, der nicht ganz billig sein dürfte. Biotechnologische Verfahren sind in der Regel nicht günstig. Enzyme in dem Maßstab herzustellen, dass sie Tonnen von Wolle prozessieren können, ist aufwändig und kostet zusätzliche Energie und Rohstoffe.

Und tut das der Faser wirklich gut? Meine Vermutung: die Wolle ist dann eben ein bissel superwash. Wolle, ja, aber ein bisschen leblos.

Könnte man stattdessen nicht überlegen, mit der vorhandenen Wolle etwas anderes zu machen als Bekleidung? Eine Verwendung finden, die genau zu der Wolle passt, so wie sie ist? Das spart am meisten Ressourcen.


Dieser Beitrag ist zuerst auf Instagram veröffentlicht worden. Hier sind ein paar Gedanken, die dort zu diesem Thema diskutiert wurden (anonymisiert):

  • Man muss auch mit der Realität arbeiten: deutsche bzw. generell gröbere Wolle hat nun mal einen schlechten Ruf beim Verbraucher und wird daher nicht nachgefragt. Wenn also die enzymatische Behandlung dazu führt, dass die Nachfrage steigt, dann wäre das doch ein Schritt in die richtige Richtung.
  • Es kann nicht wirtschaftlich sein, die regionale Wolle, die ohnehin schon nicht mit den Weltmarktpreisen mithalten kann, noch mit teuren Verfahren vermarktungsfähig machen zu wollen. Lieber jede Wolle für ihren Zweck verwenden und bei der Zucht wieder auf Wollqualität achten.
  • Regionale Verwertung statt globaler Textilindustrie anstreben.
  • Gefühlt muss sich alles an feiner Merino messen, obwohl die ja auch nicht für alle Anwendungszwecke geeignet ist.
  • Firmen, die genannt wurden: Vauno, Mährle, Isolana Dämmstoffe, rhool yarns.

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Wolle verbrennen?

Immer wieder begegnet mir in Artikeln und Berichten zum Thema regionale Wolle das Statement, dass Schäfer:innen ihre Wolle verbrennen (müssen), weil sie auf ihr sitzen bleiben. Ich habe das bislang immer so hingenommen. Aber wenn ich mal drüber nachdenke, dann runzle ich die Stirn: Wolle ist doch eigentlich schwer entflammbar und selbstlöschend? So erkennt man sie jedenfalls (unter anderem) beim Flammtest, wenn man nicht weiß, aus welchem Material ein Faden oder ein Stoff besteht.

Woher kommt also ein Satz wie „Schäfer:innen verbrennen ihre Wolle“? Wie machen sie das? Fahren sie damit zur örtlichen Müllverbrennungsanlage? Nimmt die überhaupt tierische Nebenprodukte an? Wenn sie sie auf dem Feld verbrennen – stinkt das nicht ganz übel? Und muss man da nicht immer wieder anzünden, bis alles endlich verbrannt ist?

Kennt ihr Schäfer:innen, die ihre Wolle schon mal verbrannt haben? Habt ihr das selber schon mal machen müssen? Wisst ihr da was drüber?

By the way: es ist wieder #Schafschursaison. Wer also regionale Wolle verarbeiten und vor dem Verbrennen retten möchte: now is the time! Schafhalter:innen in eurer Nähe findet ihr bei den Schafzuchtverbänden eures Bundeslandes. Einfach Mal in die Suchmaschine eures Vertrauens eingeben!


Diesen Beitrag habe ich auf Instagram geteilt. Seitdem habe ich von vielen Menschen gehört, dass sie selbst schon gesehen haben, dass Schafhalter:innen ihre Wolle selbst verbrennen (unter Verwendung von Brandbeschleunigern). Andere fahren zur Müllverbrennungsanlage und lassen sie dort kostenpflichtig (und teuer) entsorgen. Das passiert nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa.

Mir blutet das Herz, wenn ich das höre.

Indigo-Pigmentextraktion aus Färberwaid

Hmmm… Also das war wohl nix.

Angespornt von der Pigmentextraktion aus Japanischem Färberknöterich habe ich versucht, eine äquivalente Extraktion aus Waid zu machen. Eine kurze Umfrage auf Social Media führte zu dem Ergebnis, dass die Prozedur wohl prinzipiell die gleiche ist. Ernten, Wasser drauf, Warten, Blätter raus, Alkalisieren und Belüften, Sedimentieren lassen, fertig.

Nahaufnahme der Blattrosette einer Waidpflanze.
Mein Färberwaid im Juli. Noch nicht besonders groß, aber schön grün.

Also habe ich Ende Juni ein paar äußere Blätter geerntet und eine Extraktion angesetzt. Ein kurzer Blick ins Lehrbuch gab noch den Tipp, dafür mit deutlich wärmerem Wasser (60°C) zu arbeiten, als ich es üblicherweise bei dem Färberknöterich mache.

Allerdings: auch nach 2 Tagen war noch kein metallischer Schimmer auf der Flüssigkeit, und Geruch und Farbe passten auch nicht zu meinen bisherigen Erfahrungen.

Nahaufnahme Fermentation Waidblätter. Die Blätter sind submers, mit einem Stein und einem Brett beschwert. Der Überstand ist bräunlich.
So sah das Ganze nach 2 Tagen aus. Ganz anders als beim Japanischen Färberknöterich.

Also habe ich eine kleine Probe genommen und geprüft, ob es blau wird. Die Flüssigkeit war eher hell und nicht so grünlich (aber beim Waid ist die Farbstoffvorstufe auch eine andere als beim Japanischen Färberknöterich). Und siehe da: Im alkalischen wurde es gelb… definitiv nicht blau.

Collage aus zwei Bildern, die die Farbe des Überstands der Waid-Extraktion zeigen. Links nach Alkalisieren (gelb), rechts vorher (fast farblos).
Gelb. Kein Blau weit und breit.

Zu guter Letzt habe ich dann noch die Probe gemacht, die ich wohl als Erstes hätte machen sollen: Ich habe ein Blatt gehämmert. Der Abdruck vom Waid blieb grün, ein Blatt vom Färberknöterich hingegen wurde vorbildlich blau.

Auf Küchenkrepp gehämmerte Waidblätter. Links ein älteres Blatt, rechts ein jüngeres, kleineres Blatt. Der Abdruck des jüngeren Blattes erscheint blaugrün, der des älteren Blattes nur grün.
Die Hämmer-Probe. Links ein Waid-Blatt, rechts ein Blatt vom Färberknöterich. Im Färberknöterich-Blattabdruck sieht man deutlich den Blaustich, der beim Waid-Blatt abdruck völlig fehlt.

Nun geht es an die Ursachensuche: Vielleicht hätte ich doch ansäuern müssen? Habe ich zu lange gewartet? Im Lehrbuch stand was von 24 h, aber das schien mir deutlich zu wenig.

Da werde ich wohl noch ein wenig experimentieren müssen…

Die Blauholz-Überraschung

Ab und an überkommt mich das Bedürfnis, ganz tief in meiner Ideenkiste zu kramen. Ganz unten am Boden, ein bisschen eingedrückt und verkrunkelt, liegen meistens ein paar Dinge, die quasi zwei Schritte vor dem Ziel liegengeblieben sind. Manchmal war für diese zwei Schritte keine Kraft mehr, und manchmal war die Zeit einfach noch nicht reif. So wie in diesem Fall, als meine Spinnfertigkeit noch nicht ausreichte, um das Garn zu spinnen, das mir vorschwebte.

Aber mal der Reihe nach.

Meine allerallerallererste Erfahrung mit Naturfarben habe ich mit einem Kit gemacht, den Jule von Hey Mama Wolf Yarns vor einigen Jahren im Sortiment hatte. Ich habe die Ausführung mit Blauholz gewählt, und neben allen Zutaten war ein Strang ihres Garns und ein bisschen Kammzug enthalten.
Den ersten Zug habe ich für das Garn genommen. Der entstandene Ton ging etwas ins lila, aber das war fein und erfüllte meine Erwartungen. Die Flotte schien noch nicht erschöpft, und so legte ich anschließend auch den Kammzug hinein. Das Ergebnis war allerdings etwas ungewöhnlich: eine Art hellrosa Teewurstfarbe.

Ein Strang Garn, mit Blauholz lila gefärbt, vor einem Hintergrund aus Terrazzoplatten. Auf dem Strang liegt eine orange-rosa-farbene Probe als Farbvergleich.
Ein Strang Garn in Blauholzfärbung, wie man sie erwartet. Zum Vergleich liegt darauf der Faden, den ich als Spinnprobe gemacht habe – das war die eigentliche Farbe des Kammzuges und des gesponnenen Garnes vor dem Waschen. Irgendwie passend, aber auch…Teewurstfarbe. Zum Glück mache ich Spinnproben, sonst hätte ich keinen Beweis!

Nuja, dachte ich, farblich passt das schon irgendwie zusammen. Muss ich nur noch ein Garn spinnen, das so wird wie das Industriegarn, dann kann ich die zusammen zweifarbig verstricken. Nur waren wie gesagt, meine Spinnfertigkeiten noch nicht so weit, dass ich das hätte umsetzen können. Und so wanderte das Projekt erst mal in die „irgendwann später“-Kiste.

Fast Forward wenige Jahre.

Beim Umschichten meiner Faservorräte kam mir dieser Kammzug wieder in die Hände. Mittlerweile kann ich ganz gut spinnen, sodass ich es mir jetzt zutraute, ein dreifädiges Garn zu spinnen, das ungefähr die Dimensionen von Jules Nr. 3 hat. Den (mittlerweile etwas komprimierten) Kammzug habe ich mit Handkarden zu Rolags gedreht, die ich dann mit einem Hörbuch auf den Ohren schwuppdiwupp versponnen habe. (Wie gesagt, ich war damals nur 2 m vor dem Ziel …). Nur noch schnell das Entspannungsbad, ein bisschen Unicorn FiberWash für die Pflege rein…

Nanu… was ist denn hier passiert?

Als ich das nächste Mal bei der Wasch-Schüssel vorbeikam, staunte ich nicht schlecht: Die rosa Teewurstfarbe war einem Lila gewichen, das nur ein wenig heller war als der Strang aus dem 1. Zug!

Ob da irgendwo eine pH-Abhängigkeit mit reinspielt? Ein kleines Experiment mit Waschsoda und Essigessenz bestätigt meinen Verdacht: Teewurstfarbe im stark sauren, lila im leicht sauren, blau im alkalischen. Wieder was gelernt.

Vier verschiedene Farbproben eines Garns, das mit Blauholz gefärbt wurde. von Links nach rechts: lila Strang (nur in Wasser gewaschen), blauer Strang (alkalisch), helles lila (leicht sauer), orange (stark sauer)

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