Mittlerweile ist er schon zu einer Tradition geworden, die mir ans Herz gewachsen ist – der jährliche Jahresrückblick im Dezember. Das Jahr Revue passieren lassen, nochmal den Kalender und die Fotogalerie durchgehen und feststellen: hui, war wieder ganz schön was los. Anerkennen, wie weit ich gekommen bin und worauf ich stolz sein kann. Gehen lassen, was nicht so gut war oder nicht mehr dienlich ist, um dann nach vorne schauen zu können ins Neue Jahr. Komm, mach Dir einen Kaffee (oder was immer Du magst), lehn Dich zurück und lass Dir von meinem Jahr erzählen.

Mein Jahr in fünf Worten

Gut Ding will Weile haben.

Ja, das kann ich so stehen lassen. Ich bin ja ohnehin eher auf der bedächtigen Seite, wenn ich Projekte angehe, slow but steady hat sich für mich bewährt. Die Zeiten durchgearbeiteter Nächte sind vorbei, und ich achte mittlerweile darauf, meine Akkus nicht zu tief zu entladen. Wenn dann noch äußere Faktoren etwas bremsen, geht eben nicht alles so schnell, wie man es gerne hätte.

Okay, das klingt jetzt vielleicht etwas kryptisch. Vielleicht wird es klarer, wenn wir uns mal ansehen, was ich mir für dieses Jahr alles vorgenommen hatte.

Vier Dinge, die ich mir für dieses Jahr vorgenommen hatte (und was daraus geworden ist)

Ich mache ja keine wirklichen Neujahrsvorsätze oder Bucket Listen, eher taumel ich so ein bissel wie ein Schmetterling von Blüte zu Blüte, und bei den schönsten bleib ich dann ein Weilchen sitzen. Das klingt jetzt ein bisschen nach „in den Tag hinein leben“, es hilft mir aber sehr, nicht stur an etwas festzuhalten, nur weil es auf einer Liste steht. Ich möchte möglichst wenig auf Autopilot fahren (also Listen abarbeiten) und möglichst viel in mich reinhorchen, wohin meine Begeisterung mich zieht.

Anfang des Jahres zog es mich mit Macht zu diesen drei Blüten:

  • Die Masterclass „Kurs aufnehmen“ des Filznetzwerks bei der wunderbaren Susanne Schächter-Heil (das ist eine Ausbildung für KursleiterInnen)
  • eigene Workshops und Kurse geben
  • Das Handspinngilde-Spinn-Zertifikat, das ganz neu angeboten wurde.
  • Weiterbildung bei Textiltrainer und Woolmark Learning Center.

Außerdem wollte ich mehr darauf achten, Zeit zum Experimentieren zu haben. Schauen wir uns das mal näher an.

„Kurs aufnehmen“

Zu der Masterclass hatte ich mich Ende 2023 angemeldet. Ich bekam viel Material zum Selbststudium und einmal monatlich gab es eine Zoom-Veranstaltung, in der wir uns quasi als Klasse jeweils einem speziellen Themengebiet gewidmet haben. Übers Jahr habe ich mich auf diese Weise viel mit Lernzielen und den Wegen dorthin beschäftigt, damit, was wichtig ist und was nicht, und vor allem damit: wie ich arbeiten möchte. Kurse geben ist (wenn man es gut machen will) nämlich viel mehr als nur Wissen vermitteln.

Im März gab es eine mehrtägige Präsenzveranstaltung, bei der die Teilnehmerinnen kurze Lehrproben abgegeben haben und feedback von den anderen Teilnehmerinnen bekamen. Es war äußerst lehrreich und hat jede Menge Spaß gemacht. Und ich hab sogar was gefilzt, obwohl ich vor einiger Zeit mal beschlossen hatte, dass das Filzen und ich keine engen Freunde werden.

Das Konzept für meinen Kurs „Mach Dein Eigenes Garn“ habe ich dann Ende des Jahres als Abschlussarbeit eingereicht, und im Januar 2025 werde ich die Ausbildung abschließen. Juhuu! Dieses Vorhaben ging absolut nach Plan.

Kurse und Workshops geben

Nach meiner Premiere auf dem Handspinngildetreffen im Oktober 2023 habe ich dieses Jahr fünf Kurse und zwei Workshops gegeben. Unter anderem habe ich in einer Kita den Kindern und Erzieherinnen das Spinnen gezeigt und ihnen ihr geschenktes altes Spinnrad wieder ans Laufen gebracht.

Die Kurse waren „Mach Dein eigenes Garn“ im April (plus vorheriger Testlauf), zweimal „Spinnen mit Spiralspindeln“ beim Treffen der Handspinngilde sowie der niegelnagelneue „Kardieren mit Handkarden“ im November. Obwohl ich immer ein bisschen aufgeregt bin vorher, fällt das meistens innerhalb der ersten paar Minuten von mir ab und dann macht es einfach nur Spaß. Das Feedback, das ich bekommen habe, war durchweg positiv und das beflügelt mich, weiterzumachen.

Kathrin steht in einem hellen bunt dekorierten Raum und lächelt in die Kamera. im Hintergrund ist alles für einen Spinnkurs mit Handspindeln vorbereitet.
Kurz vor Beginn meines ersten eigenen Kurses im Circularium. Das war toll!

Ein Teil von mir hatte gehofft, dass es mehr Kurse werden. Realistisch betrachtet war das aber einfach nicht drin, da ich das ja auch nicht hauptberuflich mache. Zwar stehen mittlerweile die Konzepte für drei Kurse, aber auf der organisatorischen Seite gab es einige Schwierigkeiten und auch Dinge zu beachten, die sich nicht so schnell umschiffen ließen. Das beginnt bei geeigneten Räumlichkeiten und endet bei einem geeigneten Anmeldeverfahren und der Bewerbung der Veranstaltungen. Wer wie ich überhaupt keine Erfahrung mit Veranstaltungsmanagement hat, muss sich da eben erst mal reinfuchsen.

Nun, aufgeschoben ist nicht aufgehoben, und für nächstes Jahr habe ich schon mal was vorbereitet.

Und wenn Du keine Kurstermine verpassen willst, schaue gerne auf meiner Kurs-Seite vorbei oder abonniere gerne meinen Newsletter!

Das Spinn-Zertifikat der Handspinngilde

Die Handspinngilde hatte letztes Jahr (also 2023) das Spinn-Zertifikat neu aufgesetzt. Das ist quasi ein Selbstlern-Studium, für das man sich als Mitglied anmelden kann und dann zu diversen Modulen rund um Wolle und Spinnen eine Arbeit anfertigt und einreicht. Teils beinhaltet das theoretisches Wissen , teils werden auch praktische Nachweise gefordert.

Ich hatte mich dafür angemeldet und auch im Juni mein erstes Modul zum Sortieren und Waschen eingereicht. Bevor ich jedoch mit dem zweiten Modul loslege, wollte ich doch erst mal die Rückmeldung abwarten und mir einen Überblick verschaffen, wie das so läuft.

Nun, leider muss ich feststellen, dass nichts gelaufen ist. Ich werde mein Modul jetzt unbewertet zurückbekommen. Es gibt da Vereins-intern einige Stolpersteine. Ob und wie ich damit weitermache, weiß ich jetzt noch gar nicht. Ich habe schon große Lust, mich mal strukturiert inhaltlich mit dem auseinanderzusetzen, was im Zertifikatsumfang enthalten ist, aber wie genau, werde ich mir vielleicht noch überlegen. Blogartikel wären ja eine Möglichkeit…

Weiterbildung und Zeit zum Experimentieren

Um nicht immer nur im eigenen Saft zu schmoren, hatte ich mir „Mehr Weiterbildung über Textiltrainer und Woolmark Learning Center“ auf die Ideen-Liste geschrieben. Das hat leider so überhaupt gar nicht geklappt. Ich habe mir einfach die Zeit dafür nicht genommen, irgendwas anderes war immer schöner / wichtiger / (ergänze Adjektiv Deiner Wahl in erster Steigerungsform).

Hmpf. Mal sehen, ob ich das in 2025 nochmal angehe.

Wolle und Spinnen – was lief fasertechnisch?

Was mich hingegen keine Mühe gekostet hat, war das Experimentieren. Vielleicht nicht in dem Umfang, der mir Anfang des Jahres so vorschwebte, aber alles in allem bin ich sehr zufrieden. Ich habe mich auf verschiedenen Gebieten ausgetobt: Weben, Spinnen, Waschen und Farben.

Weben – Rautenköper auf dem Gatterkammwebrahmen

Für manche Projekte brauch ich ja ein bisschen Anlauf (also so 10-12 Monate), insbesondere wenn es irgendwie mit Weben zu tun hat. Uns so hat es auch eine Weile gedauert, bis ich meine Idee von einem komplett handgesponnenen Rautenköperschal wirklich in Angriff genommen habe. Nachdem ich 2023 beim #localwoolweavealong schon mit handgesponnenen und handgefärbten Garnen ein Pickup-Muster gewebt hatte, wagte ich mich im Februar mit Übungsgarn an einen Köper und anschließend dann einen Rautenköper. Dabei machte ich genügend Fehler, um anschließend ungefähr zu wissen, worauf ich achten muss, und habe dann beschwingt die handgesponnene Kette aufgezogen und mich ans Werk gemacht.

Und tadaaa: Rautenköper! Was ein bissel schade ist: man kann es nicht erkennen, weil die Fadendichte offenbar dafür zu lose ist und Kette und Schuss die gleiche Farbe haben. (Beim Weben bin ich immer noch blutige Anfängerin.) Aber der Schal ist ein absolutes Lieblingsteil geworden, Muster hin oder her!

Nahaufnahme Rautenköperschal aus handgesponnenem hellgrauen Garn. Der Schal liegt auf einem Holztisch.
Da ist er, der Rautenköperschal. Wer erkennt die Rauten?

Die technischen Details:

  • Kette ist eine Mischung aus Tiroler Bergschaf und Brillenschaf, gekauft auf dem Wollefest in den Tegeler Seeterrassen im Januar, mit Spindeln gesponnen und zweifach verzwirnt. Das Garn hatte ca. 13 WPI und eine Lauflänge von ca. 2100 m/kg.
  • Schuss ist ein Singlegarn aus einer Kreuzung von Gotländischem Pelzschaf und Rauwolligem Pommerschen Landschaf aus Biesenthal, am Rad gesponnen (ca. 12 WPI, 1900 m/kg)
  • Ich hatte ca. 2,4 Fäden/ cm (Kette) und die gesamte Webrahmenbreite von 70 cm ausgenutzt (bei zwei 20/10 Kämmen, wenn ich es recht erinnere).

Experimente aus der Flocke

Ohne es zu planen, hat sich im Herbst ein spannendes Experiment für mich ergeben: Spinnen aus der Flocke. Ich bin ja eigentlich Anhängerin der Devise: je besser vorbereitet eine Faser ist, desto besser und gleichmäßiger lässt sie sich spinnen. Daran halte ich auch weiterhin fest. Allerdings kann ich diesen Satz nun ergänzen mit: „Außer die Locken sind so toll, dass sie sich quasi einzeln von alleine spinnen lassen.“

Wie kam ich dazu? Nun, bei der Schur im Frühjahr war mir ein wunderbares Vlies in den Kofferraum gehüpft. Selbst nach dem Waschen waren die Locken noch so gut erhalten und so überhaupt gar nicht angefilzt, dass ich einfach mal versucht habe, die schönsten Locken direkt von der Schnittkante aus zu spinnen. Jegliche Vorbereitung wie Kardieren oder Kämmen hätte nur unnötigen Abfall produziert, da bin ich mir sicher. Ich habe hier auf Instagram gezeigt , wie ich es gemacht habe und hier sieht man das fertige Garn.

Ein Stapel hellgraue Wolle, von einer Hand hochgehalten, vor einer braunen Holztür.
Traumhafte Locken. Die kann man ruhig auch so spinnen, hab ich gelernt.

Etwas später bekam ich in der Spinngruppe eine Tüte mit noch ungewaschenem braunen deutschen Merino geschenkt (ich vermute, es war Merinolandschaf). Auch hier konnte ich die einzelnen Stapel quasi spinnfertig entnehmen, und ein erster Versuch zeigte, dass ich die Faser wunderbar aus der Falte, d.h. aus der Mitte des Stapels heraus an der Spindel spinnen konnte ( hier auf IG gezeigt). Das noch enthaltene Lanolin machte das Spinnen sehr geschmeidig – und der noch enthaltene Dreck machte die Hände dreckig und klebrig.

Insgesamt war das zwar erkenntnisreich, ich kam aber zu dem Schluß, dass ich nicht wirklich in the grease, also mit ungewaschener Rohwolle, spinnen möchte. Vom Hygiene-Faktor mal ganz abgesehen, möchte ich ungewaschene Wolle nicht im Haus verarbeiten. Hinzukommt, dass ich jedes Mal, wenn ich die Spindel weglege (also alle Viertelstunde), die Hände waschen muss – mit Schafdreckfingern möchte ich z.B. keine Lebensmittel anfassen. Die Ergebnisse habe ich in einem Blogartikel zusammengefasst.

Also, ich bleib dabei: gerne aus der Flocke, wenn die Fasern das wollen, aber gewaschen muss es sein.

Experimente zum Waschen

Für das erste Modul des Handspinngildezertifikats hatte ich mich schon mal mit verschiedenen Wollwaschmethoden auseinandergesetzt und habe auch mal die Pottasche-Methode probiert. Im September dann konnte ich im Wandelgrund Dresden an einem Rohwollworkshop teilnehmen, geleitet von Katrin Sonnemann von der Rohwoll-Kampagne. Wir haben Wolle für das Handspinnen sortiert und anschließend auch mit der von Katrin präferierten Methode mit Natron gewaschen. Zu Hause angekommen, habe ich das auch gleich mit Wolle probiert, die ich zufälligerweise (hüstel) noch im Schuppen hatte.

Ich bin zu dem Schluß gekommen, dass ich dennoch, wenn ich selber wasche, bei meinem Favoriten Power Scour bleiben möchte. Das Verfahren mit dem Natron ist eigentlich gar nicht mal so schlecht für bestimmte Schafrassen, aber auch hier kann die Wolle trocken werden, wenn man nicht aufpasst. Besonders mit Pottasche fühlte sich meine Wolle überwiegend recht trocken und spröde an.

Außerdem habe ich beschlossen, dass ich nicht mehr jedes Vlies selber waschen muss. Ich bin daher sehr froh, dass es jetzt zwei Micro-Verarbeitungsbetriebe in Deutschland gibt, die das Waschen von kleinen bis mittleren Mengen als Dienstleistung anbieten (Monas Wollkessel und Fullewolle, deren Website noch in Arbeit ist. Aber es gibt einen Zeitungsartikel über Fullewolle und den Preis, den sie gewonnen hat.). Beide Unternehmerinnen kenne ich mittlerweile persönlich und möchte sie gerne durch meine Aufträge unterstützen. Von beiden habe ich Fasern in meinem Kardierkurs verwendet und war sehr zufrieden.

rote Farbe in gewaschenem Schafvlies
Farbmarkierungen im Vlies. So sah es nach dem ersten Waschen aus – so richtig ohne Aufwand war das nicht rauswaschbar.

Dann gab es da noch die spannende Frage: Gehen Reste von Farbmarkierungen beim Waschen eigentlich raus oder sollte ich solche Vliesteile eigentlich besser aussortieren? Ich hatte mir bei der Schur dieses Jahr aussortierte Vliesteile eingesteckt, die verschiedene Farbspray-Markierungen enthielten. Zu Hause habe ich dann versucht, sie mit meinen Handwasch-Methoden auszuwaschen.

Spoiler: Es hat nicht so ganz funktioniert… Für das Verarbeiten von Hand lohnt es sich also, solche Vliesteile bei der Schur wirklich auszusortieren, v.a. wenn man weiße Garne herstellen möchte (für Bettdecken oder Art Yarns ist das vielleicht nicht so wichtig).

Färben und Farben – so viele Möglichkeiten auch ohne Wolle!

Dieses Jahr hatte ich Schwefelkosmeen gepflanzt, nachdem sich im letzten Jahr die Färber-Mädchenaugen (Coreopsis tinctoria) dazwischengedrängelt hatten. Außerdem hatte ich mir vorgenommen, so viel Japanischen Färberknöterich wie möglich anzupflanzen und in größeren Mengen Indigo zu produzieren. Du kannst das “Aber” jetzt schon hören, gell…?

Tja. Es ging echt gut los, ich hatte ein Hochbeet installiert und viele kleine Färberknöterich- Pflänzchen vorgezogen, sogar etwas Waid war dabei. Alles wuchs gut an … aber dann wurde erst der Waid zum Schneckenopfer und ich kam nicht so hinterher mit der Farbstoffextraktion. Weil das Pigment nicht schnell genug sedimentierte, gingen mir einfach die Gefäße irgendwann aus, und so habe ich nicht so viel geerntet wie erhofft. Nur die Schwefelkosmeen blühten unermüdlich und gaben eine reiche Ernte.

Die Ergebnisse meiner Indigo-Versuche kannst Du hier und da nachlesen.

Aufsicht auf einen Mörser und eine kleine Alu-Dose mit der Aufschrift "Goldrute Pigment" in einer Jugendstil-Schriftart. In Mörser und Dose ist goldgelbes feines Pigment.
Lackpigment aus Goldrute. In echt noch viel leuchtender!

Statt mit dem ganzen Blütenreichtum aber viel Wolle zu färben, habe ich was ganz Neues ausprobiert: Tinten und Lackpigmente aus Pflanzen herstellen. Spannend!

Draufgekommen bin ich durch einen wunderbaren Pflanzentinten-Workshop von Elke *, den ich wirklich sehr empfehlen kann. Mit den Tinten und Pigmenten habe ich mich dann in einem Art Journal ausgetobt – da ist mir wohl ganz unbemerkt ein neues kreatives Hobby ins Haus geflattert. Falls ich mal keine Lust auf Spinnen habe und nicht weiß, was ich den ganzen Tag machen soll. Haha. Seufz.

* (Dieser link dient einfach nur der Information. Ich empfehle Elkes Workshops aus vollem Herzen und Überzeugung, ich bekomme kein Geld dafür.)

Community und Austausch

Mir ist es wichtig, mich mit Menschen auszutauschen und zu vernetzen, die genauso an Wolle und regionaler Verarbeitung interessiert sind wie ich. Daher engagiere ich mich im Verein Fibershed DACH und leite dort den monatlichen Austausch in der Wolle-Gruppe im Community Space. (Wenn Du auch auf der Suche nach Austausch bist, schau es Dir gerne mal an.)

Im März diesen Jahres konnten wir von Fibershed DACH sogar für die Community einen Workshop mit Sara von HILO organisieren. Sara hat die HILO Spinnmaschine aus dem 3D-Drucker entwickelt und uns vorgestellt, und so konnten wir einen Tag lang experimentieren und uns austauschen. Das war sehr inspirierend.

Im November fand die großartige Weidewonne Wollwerkstatt in Erfurt statt. Aus dem deutschsprachigen Raum trafen sich ca. 40 Menschen, um zum Thema Wolle an drei Tischen sich mit den Themen „Kommunikation“ , „Politik“ und „Prozesskette“ auseinanderzusetzen, den Ist-Zustand festzuhalten und Pläne zu schmieden. Im nächsten Jahr geht es in die nächste Runde und ich halte mir den Termin schon mal frei.

Auch wenn jetzt vieles wieder in Präsenz möglich ist, so haben sich doch manche online-Formate bewährt, um Menschen zusammenzubringen. Für mich sind das die Fibershed-Talks, von denen ich dieses Jahr einige moderieren durfte und viel dabei gelernt habe. Es geht nicht nur um Wolle, auch um Flachs, Seide, Färben, Reparieren… schaut gerne mal vorbei!

Sechs Dinge, die ich zum ersten Mal gemacht habe

Ich probiere ja gerne Dinge aus. Bei manchen bleibe ich dann einfach hängen (so fing das mit dem Handspinnen damals an bei mir, ich wollte es ja nur mal probieren…), andere Dinge gehen dann auch wieder.

Dieses Jahr waren es diese:

Nr. 1: Flachs verarbeiten

In einem Workshop im Wandelgrund habe ich Anfang des Jahres viel über die Geschichte und den Anbau von Flachs gelernt und das erste Mal Flachs gebrochen, gehechelt, geschwungen und so richtig zum Spinnen vorbereitet. Zwar hatte ich mir schon mal so Kardenband bestellt und sogar mal einen Zopf, aber so richtig wusste ich nicht, wie man damit umgeht. Nun, jetzt weiß ich es. Es ist ganz was anderes, als mit Wolle zu arbeiten, viel aufwändiger und daher viel mehr an eine Gemeinschaft gebunden. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich Flachs verarbeite…

Zwei alte Flachszöpfe in einer Hand, ein größerer, noch ungehechelt, ein kleinerer, frisch gehechelt und glänzend.
Aufgearbeitete Flachszöpfe.

Nr. 2: Tinten und Lackpigmente aus Pflanzen herstellen

Das war großartig und hat mich ein kleines bisschen infiziert. Schuld daran ist ja die liebe Elke von Flora und Farbe. Ich habe einen ihrer wunderbaren Workshops besucht, habe meine ersten Tinten mit ihr gemacht und belege damit jetzt ein Fach im Kühlschrank dauerhaft. Es ist für mich unglaublich schön, aus Pflanzen von meiner Terrasse oder der Umgebung eigene Farben herzustellen und damit kreativ zu sein.

Malproben mit Lack-Pigmenten von Goldrute
Ich mache mir jetzt auch Farbnotizen! Diese sind von den Goldruten-Lackpigmenten.

Nr. 3: Art Journalling

Das Art Journalling ergab sich quasi zwangsläufig aus den Experimenten mit den Tinten und Pigmenten. Es fing an mit einem Urlaubsjournal und einem Kalligraphiekurs zu einer Jugendstilschriftart, und ich bin damit noch nicht ganz durch. Art Journalling ist eine ganz andere Form der Kreativität als Spinnen. Ich muss nicht zeichnen oder malen können, um mich meditativ mit Fragen zu beschäftigen, und das Ergebnis ist jedes Mal…interessant. Manchmal super schön, manchmal nicht so (ich hab kein gutes Auge für Farbe und Komposition), aber das ist ok.

Nr. 4: Buchbinden

Auch das Buchbinden kam aus dem Pflanzentinten-Kurs bei Elke. Wir haben dort ein kleines Heftchen gebunden für unsere Tintenproben, und zu Hause habe ich mir dann mein erstes Art Journal gebunden. So richtig schön kann ich das nicht, und vielleicht such ich mir da auch noch einen Kurs zu, aber Spaß macht es auf jeden Fall.

Nr. 5: Aus der Flocke Spinnen

Ich hatte es oben schon beschrieben: Bislang hatte ich meine Wolle immer irgendwie zum Spinnen aufbereitet, weil ich gerne gleichmäßige Garne habe. Bis dieses eine Vlies kam, was mich einfach nur dazu einlud, es mal aus der Flocke zu probieren. Und siehe da: unter bestimmten Bedingungen ist es gar nicht verkehrt, so zu spinnen.

Nr. 6: Skifahren

Mm…näh. Habs probiert. Not my favourite.

Mein Jahr in Zahlen

Vierundzwanzig

Dieses Jahr habe ich 24 Blogartikel geschrieben, 20 hier bei den Faserexperimenten, vier bei Fibershed DACH.

Ich schreibe ja nun schon seit drei Jahren Blogartikel zu den unterschiedlichsten faserrelevanten Themen. Dabei versuche ich, die Artikel nicht nur als persönliche Gedankensammlung zu gestalten sondern so, dass sie auch für andere Menschen hilfreich sind. Besonders freut mich natürlich, wenn die Artikel über Suchmaschinen gefunden werden oder sich die Besucherinnen meiner Website noch umschauen und weitere Artikel lesen, die sie interessieren.

Die beliebtesten in 2024 waren:

Sehr interessant! Offenbar sind Tipps und Tricks bzw. Benutzererfahrungen ein heißes Thema. Gibt es noch andere Themen, zu denen Du Dir Artikel wünschst, weil Du im Netz so wenig deutsche Informationen dazu findest? Schreib es mir gerne in die Kommentare!

Am meisten Spaß gemacht hat mir die Artikelserie zu den Handspindeln, beim Klick auf den link kannst Du den ersten Teil lesen und Dich von dort aus weiterhangeln.

Pu-Yok Tibetische Spindel aus dunklem Holz liegt auf grauem Untergrund und wird gestützt von einem dekorativen Aststück. Daneben steht eine Laufschale aus dem gleichen dunklen Holz. Auf der Spindel ist sehr feiner gesponnener Faden aufgewickelt.
Eine meiner liebsten unterstützten Spindeln, eine Pu Yok von Malcolm Fielding.

Achtzehn

Mein monatlicher Spinncounter hat sich ja für mich bewährt. Nicht nur, um zu wissen, wie viel ich versponnen habe, sondern vor allem, um die gesponnenen Garne auch wirklich zu vermessen und damit zu wissen, ob es jetzt für den Pulli reicht oder doch eher nur für die Weste.

Dieses Jahr kamen zusammen:

  • 18 Faserarten
  • 6474,5 g Garn
  • 8208 m Lauflänge.

Wow, das ist wieder ganz schön viel… fast 6,5 kg Garn. Die höchste Lauflänge hatte ich im Januar mit 1729,3 m, das höchste Gewicht im Juli mit 1694 g.

Im Vergleich: Letztes Jahr waren es 5483,2 g und 11664,4 m, also weniger Gewicht mit mehr Lauflänge.

Insgesamt waren es weniger Faserarten als im letzten Jahr. Es sind vermutlich auch immer dieselben Verdächtigen aber: der überwiegende Teil ist Regionale Wolle, und das zeigt mir mal wieder, wie vielfältig die sein kann!

  1. braunes und weißes Merinolandschaf
  2. Ouessant
  3. Shetland
  4. Whitefaced Woodland
  5. Tiroler Bergschaf mit Brillenschaf
  6. Merinofleischschaf
  7. Ryeland Cross
  8. Falkland mit Nylon
  9. Moorschnucke-Gotländisches-Pelzschaf-Kreuzung
  10. Bluefaced Leicester mit Alpaka
  11. Kreuzung Gotländisches Pelzschaf und Rauhwolliges Pommersches Landschaf
  12. “Erzgebirgisches Landschaf”
  13. Rieke – Kreuzung Gotländisches Pelzschaf und Rhönschaf
  14. Kent Romney
  15. Australisches Merino
  16. Border Leicester MIx
  17. Baumwolle
  18. Flachs
In 2024 versponnene Faserarten

Sieben

Was habe ich nun aus dem vielen Garn gemacht? Tja, an dieser Stelle, ich muss es gestehen, bin ich nicht ganz so produktiv. Es gab ein paar schöne Projekte (sieben an der Zahl), aber das reicht natürlich hinten und vorne nicht, um wirklich Stashabbau zu betreiben…Ich habe mir nicht aufgeschrieben, wie viele Meter Garn ich für die Projekte verbraucht habe, aber ich könnte die Stücke ja mal wiegen…Hier sind sie nun:

  • der Askews Me Sweater aus Shetland und Skudde, wenn ich mich recht erinnere
  • ein Schulterwärmer aus der Wolle der Spinnerei Lengenfeld (Das Garn war ein Färbeexperiment mit Coreopsis)
  • die Schafrassen-Log Cabin Blanket, an der ich seit vielen Jahren gearbeitet habe, ist dieses Jahr fertig geworden, die ist einfach großartig!
  • der Obba Sweater aus Shetland und Thüringer Merinolandschaf in braun
  • das “Aus-der-Flocke-Tuch”, das ich nach dem Aus-der-Flocke Experimenten gleich gestrickt habe, weil das Garn so unfassbar gut geduftet hat (und immer noch duftet)
  • der Rautenköperschal aus komplett handgesponnenen Garnen gewebt
  • ein Schal in braun und gelb, gewebt aus handgesponnenen Garnen mit Flottierungsmustern
Nahaufnahme einer Log-Cabin-Decke, deren Quadrate aus handgesponnener naturfarbener Schafwolle gestrickt sind. graue und weiße Quadrate wechseln sich ab und haben in ihrem Zentrum jeweils ein weißes bzw. graues Quadrat.
Die Log Cabin Blanket aus den verschiedensten Schafrassen. Ich habe gute 7 Jahre daran gearbeitet, und jetzt schlafe ich jede Nacht darunter. Herrlich!

Inspiration

Dieses Jahr hat mich ein Film sehr beeindruckt: “The Nettle Dress”. Ich habe ihn auf englisch im Netz gestreamt, vielleicht gibt es auch mal eine deutsche Übersetzung oder zumindest deutsche Untertitel.

Es ist eine Dokumentation über die Hand-Verarbeitung von Brennesselfasern zu einem Kleidungsstück, einem Kleid. Gleichzeitig ist es die Geschichte eines Mannes, der in diesem Prozess (das Ganze dauerte sieben Jahre, wenn ich mich recht erinnere) schwere Verluste erlitten hat. Das Gewinnen der Faser, das Spinnen, das Weben, das Entwerfen, Zuschneiden und Nähen half ihm dabei, alles zu verarbeiten.

Der Film ist leise, behutsam und gerade dadurch sehr bewegend (zumindest war er das für mich). Da er komplett selbst produziert ist, ist er nicht überall und ständig verfügbar. Auf der Website und Social Media kannst Du aber erfahren, wann und wie Du ihn das nächste Mal sehen kannst.

Highlights (Lowlights gab es diesmal nicht)

Neben den faser-relevanten Themen gab es noch viele andere schöne Dinge, die dieses Jahr passiert sind. Über einiges habe ich oben schon geschrieben, aber hier kommt nochmal eine weitere kleine Auswahl an Highlights, die ich nicht unerwähnt lassen möchte.

Meine Hände waren im Film!

Meine Hände waren auf der Berlinale in einem Film! Und das Klackern meines Spinnrades auch. Hier habe ich schon einmal darüber berichtet.

Workshop mit PEOPLE Berlin

Ich wurde von PEOPLE Berlin eingeladen, in ihrem Popup-Store bei einem Workshop mitzuwirken und das Handspinnen zu zeigen. Das war ein sehr schönes Event von einem sehr schönen Projekt, das ich auch weiter im Auge behalten möchte. Hier haben benachteiligte Jugendliche die Möglichkeit, unter fachkundiger Anleitung eine eigene Modekollektion zu entwerfen, herzustellen und sie dann einmal im Jahr in einem Popup-Store zu verkaufen. Dieses Jahr standen natürliche Fasern und Naturfarben (Walnuss, Avocado, Kaffee…) im Vordergrund – mega spannend.

Blick auf einen mit weißem Stoff bedeckten Tisch, auf dem Materialien für das Handspinnen vorbereitet sind. Im Hintergrund hängt eine Modekollektion auf Ständern.
Alles vorbereitet für den Workshop. Im Hintergrund kann man einen Teil der Modekollektion sehen, die man dort kaufen konnte.

Konzerte

Dieses Jahr war ich (nach langer langer Zeit) wieder auf richtigen Konzerten. Manchmal alleine ( wie bei Depeche Mode im Februar), und manchmal zu zweit bei Orgelkonzerten und in der Philharmonie. Davon will ich nächstes Jahr definitiv mehr!

Was bringt das nächste Jahr? Any Plans?

Ich sagte es eingangs schon, ich mach ja eigentlich keine Pläne. Aber für 2025 hat es sich so ergeben, dass ganz oben auf der Liste schon was steht, nämlich: 1 qm Lein.

Im Crowdfunding des gleichnamigen Projektes, das im Dezember endete, habe ich mir ein Samenpäckchen gesichert, und ich freu mich schon darauf, im Frühjahr den Flachs im Hochbeet auszusäen. Über das Projekt 1 qm Lein wird es eine Möglichkeit geben, sich mit vielen anderen dazu auszutauschen, und so werde ich mal sehen, wie weit ich komme. Möglicherweise vielleicht sogar bis zur Röste…? Flachs anbauen und verarbeiten ist nämlich nochmal ne ganz andere Hausnummer als nur Wolle zu verspinnen. Früher brauchte man dafür ein ganzes Dorf, und wenn im Dorf zu wenige Leute wohnten, dann hat man eben keinen Flachs anbauen können.

Ansonsten lass ich mich vom neuen Jahr einfach mal überraschen. Es wird Workshops geben und auch wieder Fasern, logisch, auch Experimente mit Farben, aber da hat sich noch nichts aufgedrängt. Ist ja auch noch Zeit. Ich mach mir jetzt erst mal einen Tee und geh den Kopf freispazieren. Und dann kann 2025 kommen.