Alle meine handgesponnenen Garne und ihre Herstellung dokumentiere ich auf Spinnkarten. Ich gebe es zu: ich dokumentiere gerne. Ich schreibe mir alles mögliche auf, um es nicht zu vergessen für den Fall, dass ich die Informationen doch noch einmal brauche. Das hat wohl mit der Laborarbeit aus Studi-Tagen zu tun, aber auch mit der Erfahrung, dass ich eben doch kein so gutes Gedächtnis habe, wie ich es mir wünschte…
Wofür braucht man eine Spinnkarte?
Das kennst Du vielleicht – Du dachtest, Du hast genug Garn für Dein Projekt, aber am Ende fehlt Dir doch noch der eine Strang. Das Garn hast Du vor 2 Monaten oder 5 Jahren gesponnen, vielleicht hast Du sogar noch einen Rest Fasern da. Aber Du kannst Dich nicht mehr erinnern, wie genau Du es gesponnen hast.
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten:
- Rumprobieren und hoffen, dass das gleiche Garn rauskommt, oder aber
- Spinnkarte zücken, Einstellungen vornehmen und losspinnen.
Selbst, wenn ich nichts „nachschlagen“ möchte, ist es manchmal einfach nur schön, durch die Boxen zu stöbern und zu schauen, was ich so vor einem oder zwei Jahren gesponnen habe und mich davon inspirieren zu lassen.
Was kann man mit Spinnkarten dokumentieren?
Beim Spinnen gibt es eine ganze Menge Variablen, die Einfluss auf das entstehende Garn haben. Die für mich wichtigsten habe ich auf einer handlichen A6-Karteikarte zusammengefasst und drucken lassen. So muss ich nur hinter mich in meine Box greifen, eine leere Spinnkarte ziehen und ein paar Angaben ausfüllen.
Diese Angaben finde ich für mich am hilfreichsten:
- Datum. Vergess ich immer wieder, ist aber sehr sehr hilfreich, wenn man z.B. mit Fotos aus der Galerie vergleichen will.
- Projektname. Meist ist das bei mir einfach nur die Bezeichnung der Faser(mischung).
- Faservorbereitung. Das ist vor allem wichtig, wenn ich aus einem Vlies arbeite und einen Teil der Fasern kardiert, den anderen gekämmt habe. Meist notiere ich mir auch noch die Faser-Quelle bzw. den Shop.
- Spinngerät. In meinem Falle habe ich meine beiden Spinnräder und mögliche Antriebsarten aufgeführt, und Platz für eine Spindelbezeichnung (da gibt es ja auch Unterschiede …)
- Auszugsart. Das ist ein Freitextfeld, damit ich möglichst genau beschreiben kann, wie ich die Fasern ausziehe und ob ich Drall in die Auszugszone lasse oder nicht.
In einer Tabelle fasse ich dann weitere Angaben zusammen, die für die Garncharakteristik besonders wichtig sind, nämlich:
- Spinnrichtung (Z oder S, in diesem Artikel findest Du eine kurze Erklärung)
- verwendete Übersetzung (Ratio) beim Spinnrad
- die Auszugslänge und die Anzahl der Tritte. Daraus kann man theoretisch berechnen, wie viel Drall am Ende im Faden ist, also wie viele TPI (twists per inch) ein Faden hat.
- Stärke des Einzelfadens (in WPI, Wraps per inch)
Ich wickele mir immer eine Probe des frisch gesponnenen Einzelfadens um die Karte. Damit kann ich ungefähr abschätzen, wie viele Fasern ich ausziehen muss und kann so während des Spinnens immer wieder vergleichen, ob mein Faden noch genauso aussieht wie am Anfang. Wenn er dünner oder dicker geworden ist, muss ich die ausgezogene Fasermenge wieder anpassen.
Ganz unten in der Spinnkarte stanze ich Löcher, um Zwirnproben zu sammeln. Ich nehme eine frisch gesponnene und aufgewickelte Länge Faden, ziehe ca. 50cm wieder von der Spule herunter und falte ihn in die Hälfte. Wenn sich der Faden ausgeglichen hat, reiße ich ihn ab und hänge ihn als 2ply-Zwirnprobe an und habe so auch immer ein Vergleichsstück für Zwirnproben zur Hand.
Meine Spinnkarten
Und so sieht das Ganze dann bei mir aus:
Welche Angaben man dokumentieren möchte, ist natürlich individuell verschieden. Für die Herstellung von Art Yarns zum Beispiel ist diese Art Karte eher ungeeignet, denn es gibt auf ihr nur einen Schritt für die Singles und einen zum Zwirnen. Art Yarns enthalten oft aber mehrere verschiedene Singles und Herstell-Schritte.
Meine Spinnkarten bewahre ich in einer Pappbox (oder mittlerweile muss ich sagen: in mehreren Pappboxen) eines beliebten schwedischen Möbelkaufhauses auf.
Für meine Spinnkarten habe ich mich von Rachel Smith von Wool ’n Spinning inspirieren lassen. Sie hat mal ein Youtube-Video dazu gemacht (auf Englisch).
Wie macht ihr das? Dokumentiert ihr auch? Oder spinnt ihr lieber nach Gefühl?
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