Du möchtest das Handspinnen lernen, weißt aber nicht genau, ob das was für Dich ist? Du weißt nicht, wie und wo Du anfangen sollst, und was man alles braucht? Hier habe ich Dir meine Tipps für einen guten Start zusammengestellt.
(Dieser Blog-Post enthält Verlinkungen zu Shops und ich kennzeichne ihn hiermit als #werbung. Hinter den links findest Du Anregung und Illustration, ob Du das magst, musst Du selber entscheiden 😊. Ich bekomme dafür jedenfalls keine Gegenleistung der verlinkten Seiten.)
Tipp 1: Fang an mit dem, was Dir zur Verfügung steht!
Wenn Du jetzt sofort anfangen möchtest und es ganz schnell gehen soll, probier es doch mal mit Fingerspinnen! Einfach was immer Du verwenden möchtest (Stoffstreifen, Garnreste, Papierstreifen, ausgekämmte Unterwolle von Omas Hund…) ein bißchen mit den Fingern zu einem Faden verzwirbeln, unter leichter Spannung halten und auf einen Holzstab / Bleistift / Kochlöffel o.ä. aufwickeln. Du kannst auch ein Stöckchen vom letzten Waldspaziergang benutzen. So kannst Du quasi sofort loslegen.
Du kannst Dir auch selber eine Spindel bauen (darüber habe ich hier schon etwas geschrieben). Mit Handspindeln lernst Du die nötigen Bewegungen langsam und in Etappen (z.B. mit der Park-and-Draft-Methode wie Chantimanou es zeigt) und hast Zeit, Deine 6 – 8 Hände zu koordinieren. Dabei merkst Du relativ schnell, ob Du Feuer fängst oder eher nicht.
Keine passenden Bauteile zur Hand? Du kannst auch eine fertige Spindel oder ganze Anfängersets kaufen. Sie kosten je nach Ausführung meist zwischen 8 und 60 Euro. Schau doch mal bei Flinkhand, Frau Wöllfchen oder bei den Wollschaaarfs vorbei. Wenn Du gleich was richtig schönes kaufen möchtest, dann geh mal beim Spindelstübchen stöbern. Peter Locke von Wolle-online hat schlichte aber sehr gute Lern-Spindeln, und Das Wollschaf hat oft schöne Exemplare. Besonders kunstvoll sind die Modelle von der Regenbogenwolle und von KnitArt. Bei Ernst Drab in Österreich gibt es sogar welche mit Wechselstab – sehr praktisch.
Tipp 2: Probiere es auch am Spinnrad!
Manche Menschen kommen mit Handspindeln nicht gut klar, für sie funktioniert es am Spinnrad besser. Wenn Du also mit den Handspindeln nicht glücklich bist, probiere es unbedingt auch an einem Spinnrad aus, bevor Du komplett das Handtuch wirfst.
Kennst Du jemanden, dessen Rad Du mal probetreten kannst? Super! Wenn Du niemanden kennst, frag bei der Handspinngilde, ob es in Deiner Nähe eine Spinngruppe gibt – dort wird Dir in der Regel gerne geholfen. Gibt es niemanden in Deiner Nähe, dann hast Du immer noch die Option, Spinnräder gegen eine Leihgebühr auszuleihen. Auf Märkten oder Wollefesten gibt es oftmals Ausstellungsmodelle. In den letzten Jahren war auf dem Leipziger Wollefest ein Stand von Filzrausch, an dem man Spinnräder ausprobieren konnte. Falls Du in der Nähe bist, lohnt sich sicher auch ein Besuch im KnitArt-Studio bei Frau Schreier in Hamm.
Ich rate Dir davon ab, Dein erstes Spinnrad bei einem bekannten online-Auktionshaus zu kaufen – zumindest solange Du noch nicht einschätzen kannst, ob es funktioniert. Oft werden Räder von Menschen angeboten, die die Funktionsweise gar nicht kennen. Es wird dann als funktionsfähig angeboten, wenn man nur das Antriebsrad drehen kann. Dass da noch mehr dazugehört, wissen viele Verkäufer meist gar nicht. Zudem ist es für viele dieser Räder schwierig, an Ersatzteile zu kommen, wenn man nicht einen guten Drechsler an der Hand hat. Wenn es aber unbedingt so eines sein soll – probiere es vorher aus und nimm Dir jemanden mit, der sich damit auskennt.
Wenn Du dann vor einem Rad sitzt, kann ich Dir wieder nur die Videos von Chantimanou ans Herz legen, z.B. dieses hier.
Tipp 3: Es gibt keine Spinn-Polizei
Niemand wird Dir einen Bußgeld-Bescheid schicken, weil Du mit dem „falschen“ Material oder Gerät angefangen hast. Es gibt nicht „das Eine / Richtige [Wasauchimmer]“. Dein Projekt, Deine Regeln!
Alle sagen, Du solltest mit Eiderwolle am Spinnrad anfangen? Nun, ich habe mit Seiden-Hankies und einer (aus heutiger Sicht nicht besonders gut dafür geeigneten) Handspindel angefangen. Hat es Spaß gemacht? Absolut! Hab ich was dabei gelernt? Und ob! Ist es wichtig, womit Du anfängst? Nein, finde ich nicht. Wichtiger ist, DASS Du anfängst und Spaß hast.
Ja, es gibt Fasern, die sind nicht so super einfach zu verarbeiten, Angora zum Beispiel, ein Seidenkammzug oder Yak. Es gibt auch Faser- und Gerät-Kombinationen, die nur sehr schwer funktionieren werden (besagtes Angora und eine 80g schwere Fallspindel sind selbst für fortgeschrittene Spinner eine Herausforderung). Oft hört man, dass man nicht mit einer unterstützten Spindel Spinnen lernen soll. Aber: wenn Dein Herz danach schreit, dann versuche es! Und schnapp Dir jemanden, der Dich dabei begleitet 🙂
Tipp 4: Du brauchst nur wenige Werkzeuge.
Es gibt viele Werkzeuge, die man zum Spinnen und zur Faservorbereitung verwenden kann – Handkarden, Kammstationen, Trommelkarden, Hackle, Spinnrocken…. Aber insbesondere am Anfang, wenn Du Dir noch nicht so ganz sicher ist, ob Du dabeibleibst, gibt es günstigere Alternativen.
Meine am meisten genutzten Werkzeuge sind: meine Kreuzhaspel und meine Handkarden (72er Benadelung). Die Kreuzhaspel nutze ich zum Wickeln von Strängen. Mit den Handkarden bereite ich hauptsächlich gewaschene Rohwolle, die noch etwas Lanolin enthält, zum Spinnen vor. Und am Anfang brauchst Du selbst diese Werkzeuge nicht unbedingt – Stränge wickeln kann man auch über den Unterarm oder die Rückenlehne eines Stuhles, und zum Kardieren kannst Du auch Hundebürsten nehmen. Das ist zwar deutlich mühsamer und langsamer als mit Handkarden, aber wenn Du ohnehin Hundebürsten in der Schublade hast, brauchst Du erst mal nichts kaufen.
Trommelkarden und Kammstationen bedeuten schon eine gewisse Investition. Wenn Du wissen willst, wie Du mit diesen Geräten klarkommst, gibt es auch hier manchmal die Möglichkeit, sie bei Shops oder der Handspinngilde zu mieten oder zu leihen.
Tipp 5: Vernetze Dich in einer Community!
In der Gruppe spinnt es sich einfach schöner. Es ist immer jemand da, den Du fragen kannst, wenn mal was nicht klappt. Schau auf der Webseite der Handspinngilde, ob sich in Deiner Gegend eine Spinngruppe trifft. Wenn es im echten Leben nichts in Deiner Nähe gibt, versuche es online. Chantimanou veranstaltet für alle Patrons regelmäßig online Spinntreffen. Oder Du suchst auf Facebook nach einer Gruppe, die Dir zusagt.
Einmal im Jahr wird der worldwide spin in public day veranstaltet (dieses Jahr war er am 18. September). Überall auf der Welt treffen sich dann Spinner in der Öffentlichkeit, um gemeinsam ihrer Leidenschaft zu frönen und das Handwerk wieder etwas mehr ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Hier triffst Du auf jeden Fall auf die spinnerte community und kannst Dich mit anderen verbinden. Bei Instagram gibt es einen eigenen Account dafür : wwsipday.
Tipp 6: Bleib neugierig!
Faden spinnen kannst Du schon und Du fragst Dich: Was soll da jetzt noch kommen? Es gibt so viele Facetten rund ums Spinnen, dass man sich ständig neue Herausforderungen überlegen kann. Schon mal von der Tour de Fleece gehört? Oder von der Sheep-to-Sweater Competition? Art Yarn? Es gibt auch ein Buch, in dem übers Jahr verteilt jede Woche eine andere Art Garn gesponnen wird. Es heißt 51 Yarns to spin before you cast off, und es gab sogar ein Spin-along / Spinn-Mit.
Du kannst Dich auch fragen, warum und was Du gerne spinnen möchtest. Interessieren Dich verschiedeneTechniken? Hast Du Schafe, deren Wolle Du verarbeiten möchtest? Möchtest Du die verschiedenen Wollqualitäten regionaler Schafrassen kennenlernen? Bist Du Textil-Künstler*in und möchtest ganz nach Deinen Vorstellungen Eigenes erschaffen? Nimm Dir kurz Zeit, darüber nachzudenken, dann ergibt sich einiges von selbst, z.B. wo Du Deine Wolle herbekommst oder welche Werkzeuge Du brauchst.
Für das Arbeiten mit Rohwolle könntest Du einmal beim Verband Deutscher Schaf- und Ziegenhalter suchen, ob es in Deiner Nähe Schafhalter gibt.
Wenn Du lieber Kunstgarne herstellen möchtest und mit industriellen Kammzügen arbeitest, sind die einschlägigen Shops wahrscheinlich Dein erster Anlaufpunkt. Schau doch mal beim Mondschaf oder dibadu vorbei.
In diesem Sinne:
Frohes Spinnen!