Ein Blog über Handspinnen, Wolle und Schafe

Wolle verbrennen?

Immer wieder begegnet mir in Artikeln und Berichten zum Thema regionale Wolle das Statement, dass Schäfer:innen ihre Wolle verbrennen (müssen), weil sie auf ihr sitzen bleiben. Ich habe das bislang immer so hingenommen. Aber wenn ich mal drüber nachdenke, dann runzle ich die Stirn: Wolle ist doch eigentlich schwer entflammbar und selbstlöschend? So erkennt man sie jedenfalls (unter anderem) beim Flammtest, wenn man nicht weiß, aus welchem Material ein Faden oder ein Stoff besteht.

Woher kommt also ein Satz wie „Schäfer:innen verbrennen ihre Wolle“? Wie machen sie das? Fahren sie damit zur örtlichen Müllverbrennungsanlage? Nimmt die überhaupt tierische Nebenprodukte an? Wenn sie sie auf dem Feld verbrennen – stinkt das nicht ganz übel? Und muss man da nicht immer wieder anzünden, bis alles endlich verbrannt ist?

Kennt ihr Schäfer:innen, die ihre Wolle schon mal verbrannt haben? Habt ihr das selber schon mal machen müssen? Wisst ihr da was drüber?

By the way: es ist wieder #Schafschursaison. Wer also regionale Wolle verarbeiten und vor dem Verbrennen retten möchte: now is the time! Schafhalter:innen in eurer Nähe findet ihr bei den Schafzuchtverbänden eures Bundeslandes. Einfach Mal in die Suchmaschine eures Vertrauens eingeben!


Diesen Beitrag habe ich auf Instagram geteilt. Seitdem habe ich von vielen Menschen gehört, dass sie selbst schon gesehen haben, dass Schafhalter:innen ihre Wolle selbst verbrennen (unter Verwendung von Brandbeschleunigern). Andere fahren zur Müllverbrennungsanlage und lassen sie dort kostenpflichtig (und teuer) entsorgen. Das passiert nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa.

Mir blutet das Herz, wenn ich das höre.

2 Kommentare

  1. Reinhild Fritsch

    Das Wolle vernichtet wird, macht mich ebenfalls sehr traurig.

    Bin mit Schafen aufgewachsen, war Liebhaberei meiner Eltern zu ihren Lebzeiten (2-10 Tiere).

    Leider ist es heute den verkaufenden Schafhaltern teilweise egal, in welchem Zustand sie ihre Wolle an interessierte Kunden verkaufen.
    Habe in diesem Jahr für mich beschlossen, das Spinnen zu erlernen. Dazu wollte ich mit Rohwolle mir alle dafür notwendigen Schritte erarbeiten. Hatte einen Hof gefunden, der bereit war, Rohwolle nach der Schur diesen Sommer zu verkaufen.
    Im Selbstbedienungsstand lagen dann 2 Beutel mit Wolle. Habe mich riesig gefreut. Leider kam die große Enttäuschung: die Wolle war komplett vollgeschissen und -gepisst und alles schon eingetrocknet und verbacken!!! So verschmutzte Wolle habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. So sah sie bei den Schafen meiner Eltern nie aus!
    Da ich hart im Nehmen bin, habe ich mich diesem Mist angenommen, und Einiges mit seeehr viel Mühe retten können. Eine eigentlich wunderbar zarte und fluffige Wolle!
    Leider hat vieles Schaden genommen: bei einigen 10 cm langen schönen Locken sind 3cm der Spitze so verätzt, dass sie sich wie Stroh anfühlen.
    Es gab am Verkaufsstand keinen Hinweis darauf, die Wolle sei nur als Dünger nutzbar. Durch die Beutel war der Zustand auch nicht erkennbar.
    Ob ich mich nächstes Jahr noch einmal traue Rohwolle zu kaufen? Ich weiß es nicht.
    Schade.

    • faserexperimente

      Liebe Reinhild,

      das ist ja leider keine schöne Erfahrung, die Du da machen musstest. Man weiß nicht immer, ob es den Schafhaltern egal ist oder ob sie es nur nicht besser wissen – Wissen um die Verarbeitung von Wolle (und das fängt schon bei der Schur und der Lagerung von Wolle an!) ist leider oft verlorengegangen. Vielleicht gibst Du eine Rückmeldung an den Hof, vielleicht kannst Du bei der nächsten Schur sogar dabei sein und Dir selbst die Sahnestücke raussuchen – es gibt viele Möglichkeiten. Was für Dich (und den betreffenden Schafhalter) funktioniert, kannst Du nur in Gesprächen rausfinden. Manche möchten dazulernen, andere haben ganz andere Sorgen als die Wollqualität.
      Falls Du auf Facebook unterwegs bist, findest Du dort Adressen und Anbieter von Schafwolle (bestimmt auch aus Deiner Gegend). Ansonsten kann ich Dir die Rohwoll-Kampagne von Katrin Sonnemann ans Herz legen. Sie verkauft Vliese, die sie alle selbst sortiert und begutachtet hat, zusammen mit Aufarbeitungsempfehlungen. Da kaufst Du keine Katze im Sack.

      Ich wünsche Dir viel Glück und dass Dich dieses Erlebnis nicht davon abhält, es weiter zu versuchen!

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