Vor kurzem sah ich eine Reportage auf Arte (hier nochmal eine aktualisierte Version der Doku), in der es um Schafwolle, Probleme bei der Verwendung und Vermarktung sowie um zwei derzeitige Projekte ging, die Abhilfe schaffen wollen. Es sind großartige Projekte, und auch die Reportage ist wirklich sehenswert.

Ich habe aber auch ein paar Anmerkungen dazu (und @chantimanou hat die meisten davon in ihrer Instagram-Story schon genannt). Ergänzen möchte ich hier etwas zu dem Thema Enzyme.

In der Reportage wird ein Forschungsprojekt der Prickly Thistle mit der Universität Edinburgh erwähnt: Sie möchten durch enzymatische Behandlung kratzige Highland-Wolle wieder weicher machen. Auf dem Bildschirm ist kurz das Wort „Keratinase“ zu sehen.

Was ist das?

Keratinasen sind Enzyme (also natürlich vorkommende Proteine), die Keratin (also der Stoff, aus dem Wolle und Haare sind) komplett abbauen können. Durch geschicktes Timing der Behandlung will das Forschungsteam an der Uni die Fasern nicht komplett verdauen, sondern nur die äußere Schicht „andauen“ und entfernen. Dadurch sollen die Fasern feiner (also ihr Durchmesser kleiner) und sie somit weicher werden.

Sowas kenn ich doch irgendwoher…?

Richtig. Z.B von enzymatischen Verfahren der Superwash-Behandlung. Dabei wird auch mittels Enzymen die äußere Schuppenschicht entfernt, um die Wolle maschinenwaschbar zu machen. Darüber hab ich auch schon mal einen Blogartikel geschrieben.

Macht so eine Behandlung Sinn?

Hmm. Es ist ein zusätzlicher Prozess-Schritt, der nicht ganz billig sein dürfte. Biotechnologische Verfahren sind in der Regel nicht günstig. Enzyme in dem Maßstab herzustellen, dass sie Tonnen von Wolle prozessieren können, ist aufwändig und kostet zusätzliche Energie und Rohstoffe.

Und tut das der Faser wirklich gut? Meine Vermutung: die Wolle ist dann eben ein bissel superwash. Wolle, ja, aber ein bisschen leblos.

Könnte man stattdessen nicht überlegen, mit der vorhandenen Wolle etwas anderes zu machen als Bekleidung? Eine Verwendung finden, die genau zu der Wolle passt, so wie sie ist? Das spart am meisten Ressourcen.


Dieser Beitrag ist zuerst auf Instagram veröffentlicht worden. Hier sind ein paar Gedanken, die dort zu diesem Thema diskutiert wurden (anonymisiert):

  • Man muss auch mit der Realität arbeiten: deutsche bzw. generell gröbere Wolle hat nun mal einen schlechten Ruf beim Verbraucher und wird daher nicht nachgefragt. Wenn also die enzymatische Behandlung dazu führt, dass die Nachfrage steigt, dann wäre das doch ein Schritt in die richtige Richtung.
  • Es kann nicht wirtschaftlich sein, die regionale Wolle, die ohnehin schon nicht mit den Weltmarktpreisen mithalten kann, noch mit teuren Verfahren vermarktungsfähig machen zu wollen. Lieber jede Wolle für ihren Zweck verwenden und bei der Zucht wieder auf Wollqualität achten.
  • Regionale Verwertung statt globaler Textilindustrie anstreben.
  • Gefühlt muss sich alles an feiner Merino messen, obwohl die ja auch nicht für alle Anwendungszwecke geeignet ist.
  • Firmen, die genannt wurden: Vauno, Mährle, Isolana Dämmstoffe, rhool yarns.

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